Spielbericht: VfL Osnabrück - 1. FC Kaiserslautern 0:1

Nichts für schwache Nerven

Nichts für schwache Nerven

Torjubel nach dem 1:0 für den FCK durch Terrence Boyd; Foto: Imago Images

Erst hochkonzentriert, dann eiskalt und am Ende auch mit etwas Glück: Der FCK gewinnt beim Verfolger Osnabrück mit 1:0 und setzt im Aufstiegsrennen ein weiteres dickes Ausrufezeichen.

- Fotogalerie | 29. Spieltag: VfL Osnabrück - 1. FC Kaiserslautern

Im Fußball ist der Schritt von einem großen Spektakel, das Wochenende für Wochenende Millionen Menschen in seinen Bann zieht, hin zu einer vergleichsweise unwichtigen Nebensächlichkeit manchmal kurz. Und das Spitzenspiel des 1. FC Kaiserslautern beim VfL Osnabrück am ersten März-Samstag des Jahres bietet dafür in doppelter Hinsicht ein Beispiel. Auf der einen Seite liegt bei zwar noch kühlen, aber angenehm sonnigen Temperaturen an der mit 13.619 Zuschauern fast komplett gefüllten Bremer Brücke die Vorfreude in der Luft. Die Vorfreude auf ein richtiges Fußballfest in einem der stimmungsvollsten Stadien der 3. Liga - und mit 1.400 lautstarken Betze-Fans inklusive. Auf der anderen Seite sind um und im Stadion aber auch einmal mehr der russische Angriffskrieg und die Solidarität mit den Menschen in der Ukraine präsent.

Spruchbänder, Wechselgesang, Schweigeminute: Viele Aktionen gegen den russischen Krieg in der Ukraine

"Ich dachte immer, jeder Mensch sei gegen Krieg, bis ich rausfand, dass es welche gibt, die dafür sind. Besonders die, die nicht hineingehen müssen. - E.M. Remarque", heißt es auf einem langen Spruchband vor der Osttribüne der VfL-Fans, die gemeinsam mit den Lautrer Anhängern noch vor dem Anpfiff "Putin, du Arschloch" skandieren. Mehrere Aktionen gibt es auch von offizieller Seite. Vor Spielbeginn stellen sich beide Mannschaften zu einer Schweigeminute auf, zudem kommt von jedem verkauften Ticket ein Euro der Hilfe für Flüchtlinge aus der Ukraine zugute.

Rund eine Stunde Spielzeit eines umkämpften Spitzenspiels später rückt der Fußball noch ein zweites Mal an diesem Nachmittag in den Hintergrund und dieses Mal direkt vor den Augen von Spielern und Fans. René Klingenburg, den Trainer Marco Antwerpen in seiner auf ein 3-4-3 umgestellten Formation als zentralen Stürmer aufbietet, geht nach einem unglücklichen Zweikampf zu Boden und bleibt danach auf dem Rücken liegen.

Spiel minutenlang unterbrochen: Gute Besserung, Klinge!

Zunächst sieht es nach einer einigermaßen glimpflich verlaufenden Situation aus, doch spätestens als auch der medizinische Staff des VfL beginnt, sich intensiv um Klingenburg zu kümmern, wird klar, dass sich der Lautrer bei seinem Sturz auf Rücken und Kopf womöglich eine schwere Verletzung zugezogen hat.

Minutenlang ist die Begegnung unterbrochen, in der Arena wird es zunehmend still, ehe Klingenburg mit einer angelegten Halskrause von Sanitätern und unter dem Applaus des ganzen Stadions vom Feld getragen und für weitere Untersuchungen in ein Krankenhaus gebracht wird. Der 28-Jährige sei stabil und ansprechbar, teilt der FCK nach dem Spiel mit. Die Heimreise mit den Kollegen kann Klingenburg aber nicht antreten. Den guten Wünschen und Hoffnungen aller Spieler und Zuschauer können wir uns nur anschließen: Gute Besserung, Klinge!

Mit Kaffee und Mettbrötchen: Boyd gibt passende Antwort auf vergebene Derby-Chance

Das Geschehen auf dem Rasen hatte sich vor der Unterbrechung und trotz eines sehr konzentrierten und bissigen Beginns der Roten Teufel mehr und mehr zugunsten der Gastgeber verlagert. In einer chancenarmen ersten Halbzeit ist es zunächst Ba-Muaka Simakala, der nach einer Ecke und der folgenden Glanzparade von Matheo Raab aus kurzer Distanz einen Treffer auf dem Fuß hat. Auf der Gegenseite vergeben Kenny Redondo und Hendrick Zuck die größte Gelegenheit. Nach der Pause verhindern schließlich Raab und die Latte ein Kopfballtor von Sven Köhler. Die Führung für den VfL scheint nur noch eine Frage der Zeit, als Terrence Boyd seine ganz persönliche Geschichte des Wochenendes zu einem verrückten Happy End bringt.

Der Stürmer stand am Vortag des Spiels als Corona-Infizierter noch auf der Ausfallliste, durfte sich nach einem negativen Test am frühen Samstagmorgen aber doch noch auf den Weg nach Niedersachsen machen. Ohne Frühstück, dafür gestärkt mit Kaffee und Mettbrötchen kommt Boyd für Klingenburg in die Partie und macht mit einer seiner ersten Aktionen und nach toller Vorlage von Daniel Hanslik direkt vor dem natürlich steil gehenden FCK-Block das 1:0 (77.). Es ist für den Torjäger die erste Chance und gleich auch der erste Treffer nach seiner viel diskutierten Hundertprozentigen im Derby beim Waldhof. So darf der Lachs dann gerne weitergehen, um es mal mit Boyds Worten auszudrücken.

Mal Abwehrbein, mal Latte: Lautern stemmt sich gegen den Ausgleich

Auf die zuletzt aufkommende Diskussion rund um eine eventuelle Leistungsdelle der Mannschaft ausgerechnet mit Beginn der Schlussphase der Saison ist der Big Point von Osnabrück ebenfalls die richtige Antwort, auch wenn in der Schlussphase noch das ein oder andere Mal der Ausgleich in der Luft liegt. Jedes Mal wirft sich ein Lautrer aber erfolgreich dazwischen. Und wenn sonst nichts mehr hilft, hilft eben ein zweites Mal das Aluminium, so wie bei einem Schuss von Sebastian Klaas vor der Strafraumgrenze. Hätte Redondo die zweite Großchance der Gäste genutzt, hätte man sich das große Zittern bis zum Schluss ersparen können. Das dauert aufgrund der Nachspielzeit von 13 Minuten infolge der Klingenburg-Behandlung dann auch noch extralang, dafür ist die Freude über den enorm wichtigen Auswärtssieg umso größer. Der erste Schritt zur angestrebten nächsten Serie und damit zum großen Ziel ist gemacht.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Ingo Konrad

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | "Drei Punkte für Klinge": Rote Teufel bejubeln Big Point (Der Betze brennt)

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