Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - KFC Uerdingen 4:1

Es ist fast geschafft!

Es ist fast geschafft!

Foto: Neis / Eibner

Der 1. FC Kaiserslautern setzt mit dem 4:1 gegen den direkten Konkurrenten KFC Uerdingen mehr als nur ein Ausrufezeichen. Der Klassenerhalt, er ist zum Greifen nah!

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Hätte mir vor sechs Wochen jemand erzählt, der FCK stünde vier Punkte über der Abstiegslinie und ist im Stande, einen frühen 0:1-Rückstand noch in eine 3:1-Pausenführung umzubiegen, ich hätte wohl am Verstand dieser Person gezweifelt. Doch genau das haben die Roten Teufel heute geschafft. Und nicht wenige zweifelten nach der 0:3-Niederlage bei 1860 München unter der Woche wieder: Fühlt sich die Mannschaft schon zu sicher? Ist der Druck im "Sechs-Punkte-Spiel" gegen Uerdingen vielleicht zu hoch? Steht der FCK nach den Sonntagsspielen vielleicht schon wieder auf einem Abstiegsplatz? Die kurze Antwort: Nein! Dabei deutete acht Minuten lang vieles darauf hin.

Fans pushen Mannschaft bis auf den Platz: Hier regiert nur einer!

An einer ordentlichen Portion Emotion fehlte es schon weit vor Anpfiff nicht. Wenn man gegen 12:00 Uhr mittags durch die Straßen von Kaiserslautern lief, dann sah man so viele rot-weiß-rote Schals und Trikots, wie vielleicht zuletzt im Oktober 2020, als zumindest noch ein paar Fans in ihr Fritz-Walter-Stadion durften. Fans vor dem Marathontor an der Westkurve, die ohne etwas zu sehen ihre Jungs anfeuern, das ist schon seit dem Halle-Heimspiel ein gewohntes Bild geworden. Heute aber riefen zusätzlich dazu noch das Fanbündnis FCK gemeinsam mit den Ultras dazu auf, dem Mannschaftsbus Spalier zu stehen. Einige hundert Fans folgten und empfingen die Roten Teufel mit Bengalos, Feuerwerk und stimmgewaltigen Fangesängen. Das sorgte bei mir als Beobachter aus der Ferne schon für Gänsehaut. Wie muss es da wohl erst der Mannschaft und dem Trainerteam gegangen sein? "Wir wollten danach am liebsten sofort auf den Platz", sagte Marco Antwerpen nach dem Spiel voller Begeisterung. Und Philipp Hercher brachte es auf den Punkt: "Das ist weltklasse, das gibt’s so nicht nochmal!" Das sollte auch Uerdingen zu spüren bekommen.

Auf Wagner-Schock folgt Hercher-Gala: Einsatz, Wille und ein eingespieltes Trio

Doch zu Beginn mussten erst mal noch alle rot-weiß-roten Herzen zittern. Denn schon nach sechs Minuten brachte Fridolin Wagner den KFC in Führung: Kevin Kraus klärte die Flanke nicht, Wagner bugsierte den Ball an die Latte, der in Wembley-Manier wohl hinter der Linie landete, Muhammed Kiprit drückte ihn dann noch endgültig dahinter. Die folgenden acht Minuten muss man als FCK-Fan nicht jeden Tag erleben: Sollte dieses so wichtige Spiel tatsächlich nach hinten losgehen? Doch der FCK kennt sich mit solchen Rückschlägen mittlerweile aus. In der 14. Minute servierte der in die Startelf zurückgekehrte Daniel Hanslik Philipp Hercher das Leder, der sich halblinks ein Herz fasste, KFC-Keeper Hidde Jurjus wehrte noch ab, aber der Ball landete im Tor. Es sollte der Anfang einer wahren Hercher-Gala sein. Denn nach einer knappen halben Stunde wechselte dieser in die Rolle des Vorbereiters. Diesmal sah er im Rückraum des Sechzehners Felix Götze, der die 2:1-Führung erzielte. Götze und Hercher, sie bilden gemeinsam mit Jean Zimmer, der später die Vorlage zum 4:1-Endstand liefern sollte, ein immer unverzichtbarer werdendes Dreieck, das der Schlüssel zum Klassenerhalt werden könnte. Hercher machte in der 39. Minute auch noch gleich die Vorlage zum 3:1, das Marvin Pourié markierte. Eine Zwei-Tore-Führung zur Halbzeit am Betze: Gefühlt hatte es das so lange nicht mehr gegeben, wie drei Torbeteiligungen in einer Partie von Philipp Hercher. Die hatte er zuletzt 2015 noch im Dress von Nürnberg II. Hendrick Zuck machte zehn Minuten vor dem Ende den Sack endgültig zu und traf zum 4:1. Ausgerechnet Zuck, der krankheitsbedingt zwei Wochen fehlte und vor der Partie nur eine Trainingseinheit absolviert hatte. Er war für den Abstiegskracher ins Team zurückgekehrt, ebenso wie Avdo Spahic, Kevin Kraus, Daniel Hanslik und Anas Ouahim.

Es ist nicht alles rosarot aber: Der Klassenerhalt ist nah!

Dabei wollen wir an dieser Stelle auch nicht alles zu bunt malen: Der FCK hatte im Laufe der 90 Minuten das ein oder andere Mal auch Glück - insbesondere nach Eckbällen der Krefelder. In der 17. Minute musste Zuck auf der Linie klären, in der 31. Minute landete ein Ball von Kiprit an der Latte. Die Lautrer agierten sehr offensiv, hinten mit einer Dreierkette, in der Offensive phasenweise mit fünf Spielern auf einer Linie. Das setzte Uerdingen unter Druck, riss im Defensivbund aber auch Lücken, weswegen Antwerpen später im zweiten Durchgang auch auf ein 4-2-3-1-System umstellte. Insgesamt war der Sieg am Ende ungewohnt ungefährdet. Und dennoch war die Erleichterung bei Abpfiff nicht minder groß als bei den Heimsiegen gegen Unterhaching, Saarbrücken oder Halle. Dieses Spiel heute musste einfach gewonnen werden. Morgen kann nun entspannter die Konkurrenz aus Meppen und von Bayern II begutachtet werden. Doch noch ist der Klassenerhalt nicht erreicht. Zweimal müssen die Lautrer nochmal 120 Prozent auf den Platz bringen, kratzen, beißen und kämpfen. Denn die Vergangenheit hat gelehrt, dass das geringste Nachlassen bestraft wird. Zumindest die Uerdinger dürften nach diesem Sieg, der obendrein gut für das Torverhältnis war, als Konkurrent erstmal abgehängt sein. Und der Klassenerhalt liegt mehr denn je in den Händen des Teufels, also in den eigenen. Und nochmal: Wer hätte das nach dem 0:1 gegen Magdeburg, als die Mannschaft wegen Nichtleistung nicht ins Stadion gelassen wurde, als Marco Antwerpen nächtliches Straftraining ansetzte, und so manche Träne in der Pfalz schon geweint wurde, gedacht? Auf diese Aufholjagd darf man stolz sein. Die Mannschaft, aber vor allem alle leidgeprüften Anhänger. Sie muss jetzt aber vollendet werden. Noch zweimal heißt es: Endspurt heißt Siege erzwingen!


Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

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