Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - Hallescher FC 3:1

Die Hoffnung lebt wieder!

Die Hoffnung lebt wieder!

Foto: Eibner-Pressefoto/Alexander Neis

Jawoll! Sie können es (doch) noch: Gegen den Halleschen FC gelingt dem 1. FC Kaiserslautern nicht nur der langersehnte zweite Heimsieg der Saison. Mindestens genauso wichtig: Die Hoffnung ist zurück am Betzenberg.

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Dass die treuen Fans des FCK ihre Mannschaft in der sportlich größten Not der Vereinsgeschichte nicht im Stadion unterstützen können, das tut mindestens genauso weh, wie der Blick auf die aktuelle Drittliga-Tabelle. Doch FCK-Fans wären keine FCK-Fans, wenn sie in dieser Misere nicht kreativ würden. So hatten sich heute rund 40 vor dem Fritz-Walter-Stadion eingefunden, die coronakonform und mit viel Abstand den FCK-Mannschaftsbus empfingen. Doch damit nicht genug: Über die kompletten 90 Minuten harrten die Fans vor dem Marathontor an der Westkurve aus, sangen, unterstützen und litten mit ihrem FCK. Außerdem waren erstmals seit Beginn der Geisterspiele große Transparente von Fanclubs in der Westkurve angebracht. Darauf aufmunternde Worte wie: "Kopf hoch - Brust raus" oder "10 Spiele, 6 Siege = Klassenerhalt". Auf einem großen Banner vor der West war in großen weißen Lettern auf rotem Grund zu lesen: "Endspurt heißt Siege erzwingen!" Es sollte das Motto des Tages werden.

Endlich wieder Pourié: Der FCK zeigt die benötigte Reaktion

Und was soll man sagen? Die Roten Teufel spielten - ganz anders als noch in Magdeburg - endlich wieder so, dass sie ihrem Namen gerecht wurden. Nach einem perfekt getretenen Eckball kam Marvin Pourié in der zwölften Minute frei zum Kopfball, HFC-Keeper Sven Müller war schon geschlagen, doch der ehemalige Lautrer Janek Sternberg klärte mit dem Fuß auf der Linie. Dass beide Mannschaften den Kampf annahmen, sieht man auch daran, dass in der ersten Halbzeit bereits fünf Gelbe Karten gezeigt wurden - drei davon gegen den FCK. Es war aber auch der unsicheren Spielleitung von Schiedsrichter Michael Bacher geschuldet, der später noch zeigen sollte, dass Fingerspitzengefühl nicht zu seinen Stärken gehört.

Doch der FCK ließ sich heute weder vom Schiedsrichter beeinflussen noch von ehemaligen Spielern. Ganz im Gegenteil: Nach knapp einer halben Stunde ließ Anas Ouahim auf der rechten Seite gleich mehrere Hallenser alt aussehen - darunter auch Sternberg. Sein Pass fand im Strafraum Pourié, der sich mit Verteidiger Stipe Vucur gegen einen weiteren Ex-Lautrer durchsetzen konnte und kaltschnäuzig zum 1:0 einschob. Ausgerechnet Pourié. Zwischenzeitlich zu Individualtraining verdonnert, wartete der 30-Jährige seit mittlerweile acht Partien auf einen Treffer. Dementsprechend groß war der Jubel. In diesem Moment fielen deutliche Brocken vom rot-weiß-roten Herzen.

Redondo und Boyd lassen den Betze zittern

Mit dieser Führung ging es in die Kabinen. Sollten die Pfälzer wie leider schon allzu oft Schiffbruch im zweiten Durchgang erleiden? Nein. Ganz im Gegenteil. In der 51. Minute verpasste erst Hendrick Zuck aus rund 16 Metern das Tor, ehe fünf Minuten später Felix Götze nach einer Hereingabe von Zimmer das Leder nicht richtig traf - er hätte frei vor Keeper Müller in bester Einschussposition gestanden. Überhaupt Götze: Der 23-Jährige tat mit seiner Ballsicherheit - obwohl sein letzter Startelf-Einsatz über zwei Jahre (!) zurück lag - dem Spiel enorm gut. Gleiches lässt sich von Anas Ouahim sagen, nachdem er in Magdeburg noch zu Halbzeit ein- und eine halbe Stunde später wieder ausgewechselt wurde. Er zeigte genau die Reaktion, die sein Trainer und die vielen FCK-Fans sehen wollten.

Doch der FCK wäre auch nicht der FCK, wenn das Spiel damit schon entschieden gewesen wäre. Nach knapp einer Stunde ist zu vernehmen, wie sich Redondo ein Wortgefecht mit Schiri Bacher liefert. Schließlich winkt der Lautrer ab. Der Unparteiische dreht sich herum und zeigt dem bereits verwarnten Spieler ausgerechnet in dieser wichtigen Phase des Spiels die Gelb-Rote Karte. Sicherlich darf Redondo sich niemals zu so einer sinnlosen Aktion hinreißen lassen, erweist er damit seinen Mannschaftskollegen einen Bärendienst. Doch in diesem Duell, diesem Abstiegskampf der 3. Liga, da geht es um nackte Existenzen, um das Wohl und Wehe einer ganzen Region. Wer da für das Monieren an einer Standardentscheidung gleich einen Platzverweis verteilt, zudem kurz darauf auch noch den FCK-Mannschaftsarzt auf der Bank verwarnt, der sollte sich fragen, ob das wirklich eine angemessene Spielleitung ist.

Und als ob das nicht schon gereicht hätte, wurde in diesem Moment HFC-Stürmer Terrence Boyd eingewechselt. Der Top-Torschütze der Hallenser (13 Tore) hatte angeschlagen auf der Bank gesessen und machte, rund eine Minute auf dem Platz, prompt den 1:1-Ausgleich. Ein Ausgleich aus dem Nichts, ein Ausgleich sinnbildlich für diese FCK-Saison. Der Ball war quasi schon geklärt, doch Halles Michael Eberwein rettete die Kugel gerade noch vor dem Aus. Avdo Spahic war etwas desorientiert, wollte erst zu Eberwein stürmen, ehe er dann wieder einen Schritt zurück wich. Doch da hatte der Ball schon den eingewechselten Boyd gefunden, der mutterseelenallein zum 1:1 einschieben durfte.

Dezimierte Teufel mit vollem Einsatz: So gewinnt man den Abstiegskampf!

Doch was die FCK-Elf dann zeigte, war beeindruckend. Natürlich drückte Halle jetzt auf den Siegtreffer und erspielte sich insbesondere in den Minuten nach dem Ausgleich einige gute Torchancen. Doch die überstanden die Gastgeber und suchten selbst den Weg nach vorne. Dort schlug die Stunde des Kevin Kraus. Als wohl schon die ersten mit dem abstiegsbedrohten FCK abgeschlossen hatten, spielte der ebenfalls eingewechselte Adam Hlousek nach einer Ecke den Ball wieder heraus zu Zimmer. Dieser flankte und fand Innenverteidiger Kraus. Der schraubte sich hoch und setzte in der 81. Minute den Ball unhaltbar in die Maschen. Riesenjubel brandete auf, die Lautrer Bank explodierte schier. Pourié, zuvor ausgewechselt und seitdem als zweiter Co-Trainer an der Seitenlinie aktiv, stürmte auf den Platz. Was muss in diesem Moment bei den Fans vor dem Marathontor los sein, die dieses Tor hören, aber nicht hatten sehen können?

Und es kam noch besser: In der 90. Minute konterten die Roten Teufel, auf der rechten Seite spielte Marlon Ritter den Ball auf Philipp Hercher, der in der Strafraummitte stehend zum 3:1-Endstand einschieben konnte. Daran änderte auch der Lattentreffer von Laurenz Dehl in der vierten Minute der Nachspielzeit nichts mehr. Auch für mich persönlich war es in diesem Moment mit journalistischer Zurückhaltung vorbei - zu wichtig dieses Tor, zu wichtig dieser Sieg. Alle Emotion, all der aufgestaute Frust der vergangenen Wochen mussten in diesem Moment heraus. Der FCK, er lebt noch! Der Sieg ist ein erster Schritt, oder wie es eben auf dem Spruchband der Fans stand: "Endspurt heißt Siege erzwingen!" Der Endspurt, er ist wieder möglich! Die Hoffnung lebt wieder.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Gerrit Schnabel

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | Kaiserslautern lebt noch: "Ein brutales Zeichen" (Der Betze brennt)

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