Spielbericht: 1. FC Kaiserslautern - FC St. Pauli 1:2

Chance vergeben - Zweifel bleiben

Chance vergeben - Zweifel bleiben


Mit einem schwachen Auftritt gegen St. Pauli hat der FCK die Chance auf einen großen Befreiungsschlag verschenkt. Nicht nur das Ergebnis, auch das Zustandekommen der 1:2-Heimpleite warf Fragen auf - mal wieder.

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Der Schuss wurde lang und länger, der Ball zischte halbhoch über den Rasen auf das Tor von Philipp Heerwagen zu. Der Schlussmann des FC St. Pauli hechtete - und streckte sich vergeblich. Doch der zu erwartende Torschrei blieb aus, stattdessen ging Sekundenbruchteile später ein lautes Raunen durch das Fritz-Walter-Stadion.

Es war die 84. Minute, der 1. FC Kaiserslautern lag 0:2 zurück und hätte in jenem Moment beinahe durch Tim Heubachs Distanzschuss den Anschlusstreffer erzielt. Der satte Abschluss des Innenverteidigers rauschte aber nicht ins Netz, sondern prallte stattdessen an den rechten Außenpfosten. Sehr zum Leidwesen des überwiegenden Teils der 35.781 Zuschauer, die an diesem Freitagabend auf den Betzenberg gekommen waren.

Das 1:2 fiel erst knapp sieben Minuten später, als Marcel Gaus den Ball über die Linie drückte - es war aber leider zu spät. "Wir können von Glück sagen, dass der Anschlusstreffer nicht früher fällt. Das Stadion ist explodiert", sagte St. Paulis Cheftrainer Ewald Lienen nach dem Schlusspfiff. "Ich glaube, dann wäre es schwer geworden mit der Euphorie im Stadion, die die Zuschauer hier entfachen."

"Wir haben heute einen Rückschlag erlitten"

Tatsächlich hatte Gaus’ spätes Tor den Betzenberg noch einmal in ein Tollhaus verwandelt. Zwei Eckbälle erkämpften sich die Lautrer unter dem brachialen Anfreuerungsrufen ihrer Fans in der dreiminütigen Nachspielzeit. Das 2:2 - nach welchem der Betzenberg wohl wie seit Jahren nicht mehr bis in seine tiefsten Schichten erschüttert worden wäre - fiel jedoch nicht mehr. Es blieb bei der knappen, aber leider verdienten 1:2-Niederlage, die unter dem Strich für eine große Portion Ernüchterung bei Mannschaft, Fans und dem Trainer sorgte, trotz der spannenden Schlussphase.

"Ich habe den Spielern gesagt, dass wir heute einen Rückschlag erlitten haben, das ist doch ganz klar", sagte Norbert Meier. Ein Rückschlag, der sich auch auf den Tribünen bitter anfühlte.

Denn nach zwei Siegen in Folge waren die Erwartungen groß. "Alle in Rot" lautete das Motto und das endlich mal wieder einigermaßen anständig gefüllte Fritz-Walter-Stadion gab äußerlich wie stimmungsmäßig eine tolle Kulisse ab. 2.500 Fans hatten den FC St. Pauli zum Freitagabendspiel auf den Betzenberg begleitet und trugen ihren Teil zur tollen Atmosphäre bei. Vor dem Anpfiff machten beide Seiten so dermaßen Lärm, dass der Einlaufsong "Can’t stop" von den Red Hot Chili Peppers, den sich die Roten Teufel mit Boxer Wladimir Klitschko teilen, kaum zu hören war, als die Mannschaften das Feld betraten.

Die Leistung der ersten Hälfte sorgte auf Lautrer Seite allerdings schnell für große Enttäuschung. Offensiv fand der FCK so gut wie gar nicht statt, stieß nur selten überhaupt mal ins Angriffsdrittel vor. Einmal mehr fehlten Kacper Przybylko und Jacques Zoua, die noch in Karlsruhe zwei Tore erzielt hatten, komplett die Bindung zum Spiel. Potentielle Vorbereiter wie Christoph Moritz, Daniel Halfar oder Marcel Gaus enttäuschten vor allem zu Beginn des Spiels.

Eine Halbzeit wie die ganze Saison

Teils riesige Abstände zwischen den Mannschaftsteilen, mäßiges Zweikampfverhalten, kaum Mittel, um die schnellen Außen des FC St. Pauli einzufangen, Abstimmungsfehler und Fehlpässe, dazu keiner, der mal selbstbewusst voran ging und seine Mitspieler mitziehen konnte: 45 Minuten wie ein Spiegelbild der FCK-Saison. Entsprechend schnell schwand der Optimismus beim Betze-Publikum, erhielt kurz nach der Pause aber noch einmal Aufschwung, als der stärker werdende Gaus die dicke Chance zum 1:0 vergab (46.).

Nun waren die Anfeuerungsrufe aus der Westkurve noch einmal richtig, richtig laut, erstarben aber kurz darauf wieder: St. Pauli nämlich nutzte einen Abstimmungsfehler der Pfälzer und ging durch Aziz Bouhaddouz in Führung. Trotz der drei aufgebotenen Innenverteidiger musste sich letztlich der 1,70 Meter kleine Phillipp Mwene gegen den wuchtigen Angreifer behaupten und war chancenlos (49.). Es blieb nicht der einzige Fehler, der bestraft werden sollte. 20 Minuten später spielten die Gäste ihre Konterstärke aus: Christopher Buchtmann erzielte dank einer simplen, aber effektiven Kombination das 2:0, nachdem er den Ball zuvor unbehelligt durch das Mittelfeld treiben konnte. "Ich muss da ein taktisches Foul spielen", gab Robin Koch, der Buchtmann laufen ließ, nach dem Spiel zu.

Unterm Strich eine lasche Darbietung des FCK-Teams

"Wir spekulieren. Wir nehmen die Situation nicht so wahr, wie sie dann wird", sagte FCK-Trainer Meier nach dem Spiel. Eine ziemlich bittere Erkenntnis, angesichts der angespannten Lage im Abstiegskampf. Die Ungeduld war auch auf den Rängen zu spüren und erneut bemühten sich die Fans der Pfälzer, mit einem lauten "Wir woll’n euch kämpfen sehen" von außen einen Impuls zu setzen. Was noch in Karlsruhe klappte, war diesmal aber nicht von Erfolg gekrönt.

Es drängte sich damit die Frage auf, wieso die Mannschaft nach zwei ohnehin glanzlosen, aber wenigstens ertrotzten Siegen wieder so eine emotionslose, lasche Darbietung auf den Rasen bringt. Das zuvor punktgleiche Team aus St. Pauli, das nun anstelle des FCK auf den siebten Rang (!) gesprungen ist und den gesicherten Klassenerhalt ausgiebig mit seinen Fans feierte, die sich über die komplette Osttribüne bis hin zur Südtribüne abklatschen ließen, kann ja vielleicht sogar mal den besseren Tag erwischt haben. Allerdings hatte man erneut das Gefühl, dass die Roten Teufel nicht im Stande waren, sich mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zur Wehr zu setzen.

Eine Erkenntnis, die zwei Spieltage vor Schluss und mit einem womöglich noch einmal spannend werdenden Abstiegskampf vor Augen ziemlich schmerzt. Die Chance, einen großen Sprung nach vorne zu machen und vor allem die letzten Zweifel am Klassenerhalt auszuräumen, war da. So bleiben die Zweifel bestehen, darüber konnten auch Heubachs Alu-Treffer und Gaus’ spätes 1:2 nicht hinwegtäuschen.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

Weitere Links zum Thema:

- Stimmen zum Spiel | Halfar und Co. ernüchtert: "Das ist scheiße" (Der Betze brennt)

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