Spielbericht: Erzgebirge Aue - 1. FC Kaiserslautern 1:0

From Hero to Zero

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Nach der süßen Pokaleuphorie landen die Roten Teufel und deren Fans im Erzgebirge unsanft auf dem Boden der harten Zweitliga-Realität. Hier stehen wir und wollen es anders.

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Sie werden seltener, aber es gibt sie noch: Fußballstadien mit Tartanbahn. Fußballstadien ohne überdachte Fankurven, weit weg vom Spielgeschehen. Fußballstadien mit Flutlichtmasten. Fußballstadien mit lokalen Spezialitäten. Das Erzgebirgsstadion in Aue vereint das alles. Darüber hinaus stehen am Hang neben Gäste- und Heimkurve noch schlichte Sitzgelegenheiten zu Verfügung. Gratis. Das war schon bei Wismut Aue so. Da wird es Fußballromantikern gleich warm ums Herz, auch wenn man nach etwa 500 Autobahnkilometern, montags, im Februar in diesem Stadion steht. Etwa 800 Gästefans des 1. FC Kaiserslautern tun sich das an. Ob auf Seite des FC Erzgebirge Aue tatsächlich 7.800 Anhängerinnen und Anhänger der Veilchen die triste Kulisse für die offiziell verlautbarte Zuschauerzahl (8.600) komplettieren, darf bezweifelt werden. Fernsehen 1 - Stadionerlebnis 0.

Von Sky oder Sport1 ist die komplette Spielzeit allerdings ähnlich viel zu hören, wie von der gegenüberliegenden Seite bis kurz vor Schluss. Für Unterhaltung sorgen die FCK-Fans daher selbst. Zur üppigen Zaunfahnenbeflaggung (inklusive „Losfee abschaffen“ nach dem Auslosungsfrust vom Mittwoch) und reichlich Fahneneinsatz steigt von Stadionöffnung bis Schließung konstant Rauch über dem Gästeblock auf. Doch während sich die Menschen im Gästeblock mit Gesang, Gehüpfe und Geklatsche unbeirrt gegen Kälte und Spielstand stemmen, läuft im Hintergrund nur der Grill für Krakauer und Roster (Bratwurst) auf Hochtouren. Die legendären Schinkennudeln sind dem Vernehmen nach jedoch nur noch ein Schatten ihrer selbst, seit hier der Caterer gewechselt hat.

Apropos Schatten: Die vier Flutlichtanlagen leuchten den Platz zwar gut aus. Von den Männern in Rot ist allerdings in der ersten Halbzeit nicht viel zu sehen. Noch ehe man von einer ausgeglichenen Anfangsphase sprechen kann, netzt Jakub Sylvestr für Aue in der 5. Minute zum 1:0 ein. Das spielt den defensiv eingestellten Sachsen natürlich in die Karten. Während sich Mo Idrissou als alleinige Spitze an den Abwehrreihen der Schachter aufreibt und vergeblich auf Verwertbares aus dem FCK-Mittelfeld wartet, setzt der FC Erzgebirge gefährliche Konter. Die schnellen und gefährlichen Angriffe schrauben zwar den Blutdruck in der Gästekurve kollektiv in die Höhe, sie bleiben aber letztlich an Tobias Sippel oder der soliden Abwehr hängen.

In der Halbzeitpause brandet Jubel im Stadionrund auf, als der Stadionsprecher die Mannschafts-Goldmedaille im olympischen Skispringen durchgibt. Fast zeitgleich herrscht auch in der Gästekurve Erleichterung, als mit Quartz-Handschuhen bestückte „Schaulustige“ aus Chemnitz erst an den Rand des Blocks und dann hinausgedrängt werden. Die Aussage eines Ordners „Die sind hier, um Euch zu unterstützen“ mag trotz der Rivalität des „ostdeutschen FCK“ (Chemnitzer FC, früher FC Karl-Marx-Stadt) gegen Aue niemand so recht teilen.

Mit der zweiten Halbzeit kommt Srdjan Lakic für den gelbrot-gefährdeten Enis Alushi und Kosta Runjaic wechselt von 4-2-3-1 auf 4-4-2. Es dauert allerdings etwa 15 Minuten, bis der 1. FC Kaiserslautern das Spiel dominiert, den Gegner in dessen Hälfte einschnürt und deutlich wird, dass eine Mannschaft mit Aufstiegsambitionen gegen eine mit Abstiegssorgen spielt. Immer wieder tauchen die Roten Teufel in den verbleibenden 30 Minuten vor dem Tor von Martin Männel auf. Doch auch das Duell der elf Männer in Rot (in weißen Trikots) gegen die lila Veilchen und ihren „Männel in Black“ im Kasten endet zugunsten des FC Erzgebirge. Kurz vor der Schicht im Schacht bleibt dem FCK immerhin noch ein überflüssiges 0:2 erspart.

Nach Schlusspfiff, der allen Beteiligten wohl auch nur weitere 90 torlose Minuten erspart, schaut die Mannschaft recht zügig beim Anhang vorbei. Begleitet von wohlwollenden Aufmunterungen, aber auch teils derben Beschimpfungen und berechtigter Kritik klatschen die Spieler mit den Fans ab, ehe es durchgefroren für alle auf den Heimweg geht. Bis zum Topspiel am Montag konnte man von einem gelungenen Spieltag sprechen. Nun grüßt Paderborn vom dritten Platz. Der beschwerliche Weg an die Spitze ist überraschend etwas länger geworden.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Toco

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