Spielbericht: VfL Bochum - 1.FC Kaiserslautern 1:1

VfL Bochum - 1.FC Kaiserslautern 1:1

Auswärtsspiel in der vielleicht schönsten Spielstätte der Bundesliga, im Bochumer Ruhrstadion herrscht die fast perfekte Balance zwischen dem altgewohnten "Männer"sport Fussball (Ruhrpott-Maloche-Feeling, 50% des Stadions Stehplätze, kein übertriebener Kommerz a la Schalke-Arena ... lediglich die überflüssigen Cheerleader stören etwas) und willkommenem Komfort (schöner Gästeblock, gute Sicht, alle Plätze überdacht ... ). Und dann noch über 3.000 anwesende Lauternfans (insgesamt 23.500 Zuschauer), die schon vor dem Anpfiff für Heimspiel-Atmosphäre sorgten, die Vorzeichen versprachen also einen durchaus netten Fussballnachmittag.
Zum Intro, dem Einlaufen der Mannschaften, zeigten die Bochumer Fans eine Mischung aus Schals, Fahnen, Doppelhaltern und diversen Spruchbändern, welche ihr Team zum kämpfen im Abstiegsendspurt aufforderten. Garniert wurde das Ganze natürlich vom hier längst zum Standard gewordenen Grönemeyer-Song "Bochum". Der Gästeanhang, 1,5 Stehplatz-Blöcke und 2,5 Sitzplatz-Blöcke hinter dem Tor waren in Lautrer Hand, bekam alle derartigen Utensilien (ausser Schals) natürlich mal wieder grundlos verboten und so blieb eine den Gästeblock kurz verhüllende Rauchbombe der einzige optische Akzent.
Dann ging das Spiel los, doch nach wenigen Minuten interessierte einmal mehr - leider - das Geschehen im Gästeblock mehr als das auf dem Spielfeld: Eine kleine Rangelei zwischen zwei FCK-Fans hatte das Eingreifen der Staatsmacht zur Folge. Plötzlich öffnete sich die Zauntür zum Gästeblock und zig Polizisten stürmten in den Block, während mehrere Lauternfans ihnen - teilweise sicher absichtlich, die meisten aber ohne böse Absicht - entgegenflogen. Als die Polizisten das Tor zum Stadion-Innenraum dann wieder schliessen wollen ist ein FCK-Fan mit dem Fuss in der Tür eingeklemmt, doch anstatt ihn zu befreien versuchen die "Grünen" das Tor mit Gewalt zu schliessen. Ein anderer FCK-Fan, der seinem Freund zu Hilfe kommen möchte, bekommt von den teilweise sehr brutalen und übertrieben agierenden Polizisten aus kurzer Entfernung Pfefferspray mitten ins Gesicht gesprüht und bricht mit tränenden Augen und Atemnot zusammen. Natürlich bekommen auch einige andere Fans von den Pfefferspray-Attacken etwas ab, genauso wie von den unnötigen Schlagstockeinsätzen der Cops. Und auch ein paar Ordner und Polizisten bekamen wohl ihr Fett weg, so dass vor und während der Halbzeit mehrere Dutzend Personen hinter dem Gästeblock ärztlich behandelt werden mussten. Auch wenn die Fans möglicherweise nicht ganz schuldlos waren, so sorgte die Staatsmacht eher für Eskalation als für die oft zitierte De-Eskalation - und das bei weitem nicht zum ersten Mal. Die anfangs gute Stimmung war dadurch verständlicherweise auch erstmal im Eimer.
Dennoch lief natürlich nebenbei noch ein Spiel, in dem der 1.FCK bereits zur Halbzeit hätte führen können, wenn Schiedsrichter Albrecht nicht einen klaren Elfmeter nach Foul an Dominguez verweigert hätte. Auf der Gegenseite Glück für FCK-Keeper Tim Wiese, als ein Bochumer den Ball am leeren Tor vorbeischiebt. Auch in der 2.Halbzeit sollte sich nicht gerade ein Spitzenspiel entwickeln, es war eher ein langweiliger Null-zu-Null-Kick.
Aber die letzten 10 Minuten sollten es dann nochmal in sich haben. Als die Zuschauer sich schon fast auf eine Nullnummer einstellen besinnt sich Hany Ramzy seines ganzen Negativ-Könnens und köpft den Ball unhaltbar für Wiese ins eigene Tor, zum 1:0 für den VfL. In den folgenden Minuten haben die Heimfans das Stadion zum ersten Mal wirklich in ihrer eigenen Hand, wobei auch die Sitz-Tribünen mit ins Klatschen und "Der VfL ist wieder da" einstimmen. Aber es gibt ja zum Glück noch die 90.Minute und eben jenen Hany Ramzy, der schon so manches wichtige Tor für den FCK erzielen konnte. So auch heute, nach einem umstrittenen Freistoss wg. Sperren an der Eckfahne schießt Bill Tchato die folgende Flanke zurück in den Fünfmeterraum, wo Ramzy zur Stelle ist und zum verdienten 1:1 einnickt. Die Folge ist ein Jubelsprint der ganzen Mannschaft über den halben Platz, fast grenzenlose Freude im Gästeblock und lächerliche "Lautern und der DFB"-Gesänge von den Bochum-Fans. Diese haben den Sündenbock im (für beide Vereine!) schlecht pfeifenden Schiri Albrecht aus Bayern gefunden, der unter Personenschutz in seine Kabine gebracht werden muss. Die Krönung liefert aber VfL-Coach Peter Neururer, der vor wenigen Wochen noch vom UEFA-Cup träumte ("Wir sind drin, und Ihr steigt ab!!") und Lautern gerne schon in dieser Saison drei Punkte abziehen würde, im ZDF-SPortstudio mit der Aussage: "Es ist fast schon eine Symbiose zwischen Politik Rheinland-Pfalz, FCK und DFB zu erkennen." Peter Neururer, einer der grössten Schwätzer im deutschen Fussball!!!
Mit diesem verdienten Punkt bleibt der 1.FC Kaiserslautern auf dem sicher scheinenden Tabellenplatz 11, der Abstand zum Abstiegsplatz ist allerdings auf mickrige drei Punkte geschrumpft. Nun folgen die letzten beiden Spiele gegen direkte Abstiegskonkurrenten, zuhause gegen Rostock und danach auswärts bei Hannover 96. Diesmal hoffentlich ohne übereifrige Ordner und Polizisten (dafür aber evtl. mit einer passenden "Pro 15:30"- bzw. "Pro Fans"-Aktion in Hannover).
In diesem Sinne: A.cht C.ola A.cht B.ier!!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Thomas

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