Neues vom Betzenberg

Idrissou: "Jeder soll so leben, wie er möchte"

Viel geredet wurde in den vergangenen Tagen über die Äußerungen von Mohamadou Idrissou nach der Partie der Roten Teufel in Cottbus. Dem Kameruner wurden dabei homophobe Äußerungen nachgesagt, zu denen er bereits öffentlich Stellung bezogen hat. Um das Thema jedoch auch nachhaltig zu behandeln und nicht nur über, sondern auch mit homosexuellen Fußballfans zu diskutieren, gab es am Freitag, 3. Mai 2013, in der Museumsloge des Fritz-Walter-Stadions ein Treffen zwischen Mo Idrissou und Mitgliedern des schwul-lesbischen FCK-Fanclubs „Queer Devils“.

„Von uns hat sich niemand von den Aussagen angegriffen gefühlt“, erklärte der Queer Devils-Vorsitzende Matthias Gehring dem Kameruner direkt zu Beginn, machte jedoch auch auf die noch immer existierenden Probleme für Schwule aufmerksam. „Die Aussagen haben leider das Klischee bedient, dass homosexuelle Männer nicht männlich seien. Es sind genau solche Aussagen, die bei noch nicht geouteten Betroffenen Ängste schüren. Ich bin also nicht männlich, wenn ich schwul bin? Es sind genau diese Klischees, die Selbstzweifel auslösen. Auch in den Reihen der Queer-Devils gibt es Mitglieder, die nicht geoutet sind, die gerne unsere Veranstaltungen besuchen, weil sie sich dort unter ihresgleichen aufgehoben und geborgen fühlen. Sie trauen sich jedoch nicht an einem Termin wie diesem heute teilzunehmen, weil sie immer noch Angst haben sich öffentlich zu ihrer Homosexualität zu bekennen. Es ist also unser aller Aufgabe es zu vermeiden, Bilder zu kreieren, die diese Angst noch schüren und steigern.“

Bei Mo Idrissou stießen diese Worte auf offene Ohren. Der 33-Jährige berichtete nochmals genau von den Umständen, die zum besagten Interview nach dem Spiel in Cottbus führten und machte den Queer Devils-Mitgliedern gegenüber deutlich, dass seine Aussagen in keinster Weise einen schwulenfeindlichen Hintergrund hatten oder Schwule damit verunglimpft werden sollten: „Das sollte so nicht rüberkommen. Wenn das der Fall war, dann tut mir das leid. Mir ist es völlig egal, ob jemand schwul ist oder hetero. Ich lebe nach dem Motto, dass jeder so leben soll, wie er möchte. Ich habe selbst viele schwule Freunde. Nicht

nur hier in Deutschland, auch in Kamerun.“ Die Akzeptanz von Homosexuellen in Idrissous Heimatland war dann auch eines der diskutierten Themen. Hier konnte der Stürmer von einer positiven Entwicklung berichten. „Inzwischen hat sich die Situation in Kamerun stark gebessert. Homosexuelle sind endlich weitestgehend akzeptiert und können sich auch in der Öffentlichkeit ohne Angst begegnen. Leider ist das noch nicht in jedem afrikanischen Land so“, erklärte Idrissou. Er berichtete auch von den ständigen Beschimpfungen und Provokationen der Gegenspieler ihm gegenüber, worüber sich die Fans teilweise schockiert zeigten. Innerhalb der Mannschaft seien seine Aussagen kein großes Thema gewesen. „Meine Mannschaftskollegen wissen, dass ich kein Problem damit habe, ob jemand schwul ist oder nicht. Daher wussten Sie meine Aussage entsprechend einzuordnen“.

In dem rund einstündigen Gespräch tauschten sich Mo und die Queer Devil-Vertreter intensiv zum Thema Homosexualität im Fußball aus. Denn trotz aller Fortschritte in den vergangenen Jahren ist es noch immer nicht einfach für schwule Fußballfans. Das erlebt auch der 2007 gegründete Fanclub immer wieder: „Dass ein ganzer Teil einer Kurve schwulenfeindliche Gesänge anstimmt, ist zumindest bei uns schon seit Jahren nicht mehr passiert. Das hat sich gebessert. Aber es kommt immer noch zu Provokationen und unschönen Szenen. Das ist ein sehr zäher Aufklärungsprozess“, berichtet Matthias Gehring. Trotz aller Bemühungen, wie beispielsweise den durchgeführten Aktionswochen gegen Homophobie, zeigt sich Schwulenfeindlichkeit weiter als ein gesellschaftliches Problem, gegen das es anzukämpfen gilt. Die ein oder andere

Anekdote der Queer Devils bezüglich homophober Aussagen von der Tribüne und der Reaktion darauf bot Anlass zum Schmunzeln und Nachdenken zugleich. „Das ist interessant für mich, ich wusste nicht wie schwer es für schwule Fußballfans noch immer ist. Künftig werde ich da genauer darauf achten“, versprach Mo Idrissou. Das Fazit des vom Spieler initiierten Treffens zog Matthias Gehring von den Queer Devils dann auch wie folgt: „Das in Cottbus war eine blöde Situation, das ist wirklich dumm gelaufen. Wir haben das jetzt gemeinsam in angenehm entspannter Atmosphäre gelöst und das auch noch mit Perspektive nach vorne.“ Denn im Kampf gegen Homophobie haben die Queer Devils mit Mo Idrissou nun einen prominenten Unterstützer mehr. Der Fanclub hat den Stürmer herzlich eingeladen bei einer der nächsten Aktionen oder Aufklärungskampagnen gegen Homophobie mit dabei zu sein.

Quelle: fck.de

Weitere Links zum Thema:

- Mo Idrissou: "Es tut mir aufrichtig leid" (Pressemeldung FCK, vom 03.05.2013)
- Lautern verteidigt Idrissou - DFB ermittelt (Sport1, vom 01.05.2013)
- Droht Idrissou nach Eklat eine Sperre? (Express, vom 30.04.2013)
- Mohamadou Idrissou attackiert FCK-Kollegen (Sport1, vom 30.04.2013)
- Idrissou giftet: "Ich bin doch nicht schwul!" (Bild, vom 30.04.2013)

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