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Gegner-Check FCM: Hinten stechen die Bienen

Gegner-Check FCM: Hinten stechen die Bienen

Foto: Imago Images

Nach dem Coup des 1. FC Kaiserslautern bei Aufstiegsaspirant Kiel geht's nun gegen Ta­bel­lennachbar 1. FC Magdeburg. Klingt nach leichter lösbarer Aufgabe, könnte aber die schwe­re­re werden.

So lief's seit dem Hinspiel: 4:1 für den FCM hieß es nach 90 Minuten am 15. Spieltag. Eine deprimierende Erfahrung für die Lautrer Interimstrainer Oliver Schäfer und Niklas Martin. Für die Magdeburger dagegen war's der zweite Dreier in Folge, nachdem sie an den acht Spieltagen zuvor sieglos geblieben und sechsmal verloren hatten. Dabei war ihr Saisonstart traumhaft verlaufen. Elf Punkte nach fünf Spielen, das sah fast schon so aus, als ob das Team von Trainer Christian Titz sich zu einer Art Geheimtipp im Aufstiegskampf mausern könnte. Soweit kam's dann aber doch nicht. Auch in der zweiten Serie folgten auf Highlights wie einem 1:0 gegen Tabellenführer St. Pauli oder einem 3:0 gegen Bundesliga-Absteiger Schalke längere Durststrecken und zum Teil fette Niederlagen, etwa ein 0:7 beim Karlsruher SC. In den jüngsten sieben Partien feierten die Magdeburger nur einen Sieg, den aber mit einem 2:0 in Rostock, mit dem sie sich Distanz zu den Abstiegsrängen schafften. Nach 27 Spieltagen und einem 0:3 in Hannover war der Abstand zu Relegationsrang 16 auf zwei Punkte geschrumpft, mittlerweile sind's wieder fünf. Zuletzt glückte gegen den designierten Absteiger aus Osnabrück zuhause nur ein 1:1, das den Anhang ziemlich enttäuschte.

Das hat sich geändert: Zunächst mal nichts an dem hohen fußballerischen Anspruch, den Coach Titz ans "Gameplay" seiner Schützlinge stellt. Ein offensives 4-3-3, das durch einen abkippenden Sechser immer wieder in ein 3-4-3 switcht. In Zeiten der Ergebnisflauten gerät er der gebürtige Mannheimer damit aber auch in die Kritik. Als der FCM sich zuletzt den Abstiegsrängen näherte, spekulierte Deutschlands führendes Revolverblatt sogar über Trennungsgedanken, mit dem sich die Vereinsverantwortlichen angeblich trügen. Im Großen und Ganzen aber dürfte der seit 2021 in Magdeburg tätige Aufstiegstrainer nach wie ein gutes Standing im Klub genießen. Probleme bereiten immer wieder individuelle Fehler in der Hintermannschaft. Dazu gesellen sich ständig Verletzungssorgen. Der rechte Flügelspieler Mohammed El Hankouri fällt nunmehr schon zum zweiten Mal in dieser Saison länger aus, Kollege Xavier Amaechi hat sich bis auf Weiteres mit Knieproblemen abgemeldet, ebenso Mittelfeldspieler Connor Krempicki. Mittelstürmer Luc Castaignos setzt eine Oberschenkelverletzung schachmatt, der Franzose Jean Hugonet hatte es in der Hinrunde mit den Adduktoren, jetzt plagt ihn die Schulter. Und viele Verletzungen machen viele Umstellungen notwendig, die ein harmonisches Zusammenspiel erschweren. Nicht zu vergessen: der Ex-Lautrer Julian Pollersbeck, der zunächst mit Rückenproblemen ausfiel, danach einen Muskelbündelriss erlitt. Der Torhüter hat noch kein Spiel in dieser Saison bestritten.

Gewinner und Verlierer: Ins Rampenlicht gespielt hat sich in dieser Spielzeit Rechtsverteidiger Herbert Bockhorn, auf den mittlerweile Hertha BSC scharf ist. Erstaunlich: Im Spätsommer 2022 hatte Magdeburg den 29-Jährigen als Arbeitslosen vom Markt geholt, nach dieser Hinrunde nun wurde er in der "Kicker"-Rangliste als "herausragender" defensiver Außenbahnspieler eingestuft. Die Hertha soll außerdem ein Auge auf Offensivquirl Baris Atik geworfen haben, der heuer mehr als Torvorbereiter denn als Schütze in Erscheinung tritt: Bislang zehn Assists, aber nur vier Treffer. Im Winter transferierte der FCM mit Bryan Teixeira einen Nationalspieler von der Inselgruppe Kapverden nach Deutschland. Zuletzt kickte der Angreifer bei Sturm Graz. In Osnabrück erzielte Teixeira gerade seinen ersten Liga-Treffer und entwickelt sich bislang so gut, dass die Verantwortlichen über eine Festverpflichtung nachdenken. Direkt zur festen Größe mutiert ist der erfahrene Innenverteidiger Tobias Müller, der zu Jahresbeginn aus Paderborn geliehen wurde. Dafür drückt Jamie Lawrence, die Leihgabe des FC Bayern, meist nur noch die Bank. Weitere Verlierer? Sofern man verletzten Spieler nicht als solche bezeichnen, fällt es schwer, welche zu benennen. Die Flügel-Moskitos Tatsuya Ito und Jason Ceka sind trotz ihrer nunmehr 26, beziehungsweise 25 Lebensjahre immer noch nicht zu regelmäßigen Startelf-Kandidaten herangereift. Dabei können sie an einem guten Tag jede Abwehr in den Wahnsinn treiben. Wovon grade der der FCK ein Lied singen kann.

Zahlenspiele: Insgesamt 19 Spieler haben sich diese Saison schon in der Torschützenliste des 1. FC Magdeburg eingetragen, haben aber nur 43 Treffer erzielt. Über einen richtigen Torjäger verfügt das Team jedoch nicht, und mit Mohammed El Hankouri (fünf Treffer) und Luc Castaignos (vier) werden zwei der besten Schützen auf dem Betzenberg fehlen. Der derzeit gesetzte und im Tor-Ranking führende Mittelstürmer Luca Schuler hat von seinen sechs Treffern vier an den ersten fünf Spieltagen erzielt. Kein Wunder, dass die Hoffnungen auf Bryan Teixeira ruhen, den Titz zuletzt als Flügelspieler brachte, der aber auch im Zentrum stürmen kan. Vor zwei Wochen aber hat sich Schuler allerdings mit einer Bude in Rostock zurückgemeldet. Ansonsten verhalten sich die Statistiken beim FCM wie gehabt: Im Schnitt 60 Prozent Ballbesitz, eine Passquote von 85,9 Prozent - damit toppen die Mitteldeutschen sogar Teams aus dem oberen Tabellendrittel. Die einen finden es löblich, dass sich ein Klub, der sich Spieler, die einen solch hohen fußballerischen Anspruch erfüllen können, eigentlich nur schwer leisten kann, dennoch versucht, sich auf diesem Level zu präsentieren. Die anderen nennen es spätestens dann zu riskant, wenn die Mannschaft Richtung Tabellenende taumelt.

Fazit: Hinten stechen die Bienen - eine banale Metapher für eine im Grunde banale Formel: Setzt die Abwehrspieler des Gegners unter Druck, denn sie machen Fehler, wenn sie unter Druck gesetzt werden, das haben sie schon oft genug gezeigt. Andererseits: Passt auf, von den kleinen Brummern im FCM-Sturm nicht gestochen zu werden - auch das hat man in Lautern schon öfter erlebt. Das ist leicht gesagt, aber nur schwer getan. Es wird also wieder mal drauf ankommen, die richtige Balance zu finden. Wie wird's Friedhelm Funkel angehen? Naheliegend wäre, nach dem Coup bei Aufstiegskandidat Kiel gar nichts zu ändern, so dass sich die zuletzt gewählte 3-4-1-2-Formation zum Saisonfinale weiter festigen kann.

Quelle: Der Betze brennt

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- Samstag, 20:30 Uhr: Gibt es wieder ein Unentschieden? (Der Betze brennt)

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