Neues vom Betzenberg

Gegner-Check: Der Jahn will nicht im Regen stehen

Gegner-Check: Der Jahn will nicht im Regen stehen


Gegen Hamburg siegte der 1. FC Kaiserslautern im Stil eines Underdogs. Der aber scheint gegen Jahn Regensburg nicht angezeigt, um eine erneute Enttäuschung wie zuletzt in Braunschweig zu vermeiden.

So lief’s seit dem Hinspiel: Die Roten Teufel hatten gerade beim Tabellenführer HSV ein achtbares 1:1-Unentschieden geholt, als am 12. Spieltag der SSV Jahn auf den Betzenberg kam. Der Gast wiederum durchwanderte gerade eine Talsohle. Seit dem dritten Spieltag hatte er nur noch ein Spiel gewonnen und das nach einem Sechs-Punkte-Traumstart. Zur Saisonpremiere hatten die Oberpfälzer noch den später souveränen Spitzenreiter Darmstadt geschlagen. Der FCK-Anhang rechnete also mit einem sicheren Sieg. Doch was geschah? Die Regensburger schockten die Pfälzer mit einem herben 3:0-Auswärtssieg. Danach siegte der SSV direkt nochmal 2:1 gegen Sandhausen, dann aber war schon wieder Schluss mit lustig. Nur zwei Remis in den folgenden zehn Spielen, ansonsten nur Niederlagen. Am 20. und am 23. Spieltag fanden sich die Ostbayern sogar auf Tabellenplatz 18 wieder. Siege gegen Holstein Kiel und den SC Paderborn hoben sie anschließend aber wieder über den berühmten Strich. Zuletzt unterlag die Elf von Trainer Mersad Selimbegovic 1:2 in Fürth, bei dem sie für eine auch spielerisch starke erste Hälfte gelobt wurde und in der 48. Minute sogar in Führung gegangen war. Am Sonntag erwartet der Jahn den FCK nun als Tabellen-16. - und ist dementsprechend gezwungen, ein bisschen was fürs Punktekonto zu tun, um am Saisonende nicht im Regen zu stehen.

Das hat sich geändert: Im Dezember 2022 trat mit Tobias Werner ein neuer Sport-Geschäftsführer an. Er beerbte den Schweizer Roger Stilz, der nach nur zehn Monaten im Amt zurückgetreten war. Offiziell "aus privaten Gründen", intern aber soll ihm vorgeworfen worden sein, dass er nicht den Fußstapfen gerecht wurde, die Christian Keller hinterlassen hatte, der den Klub zwischen 2013 und 2021 aus der Regionalliga in die Zweite Liga geführt hatte und nun als Sport-Geschäftsführer beim 1. FC Köln arbeitet. Auch die versäumte Spielberechtigung für die Bayern-Leihgabe Sarpreet Singh wurde Stilz angelastet. Im Winter-Transferfenster hielt sich der neue Sportchef erst einmal zurück, finanzielle Gewaltakte sind beim Jahn eben auch nicht drin. Der einstige Augsburger Kultstürmer, den der FCK 2018 gerne als Korsettstange für seine erste Drittliga-Saison geholt hätte, lieh lediglich den erst 19-jährigen Torsteher Jonas Urbig aus Köln, der direkt den Sprung zum Stamm-Keeper schaffte. Nicht geändert hat sich die Besetzung des Trainerstuhls, und das darf in dieser Liga als ungewöhnlich gelten. Zumal Tabellennachbarn wie Sandhausen und Rostock den Übungsleiter bereits zwei Mal auswechselten. Doch Mersad Selimbegovic genießt auch das volle Vertrauen Werners. Typisch für den Coach: Nach dem Auswärtssieg bei den Störchen hob er sein Team nicht etwa in den Himmel, sondern attestierte ihm, soeben "das Schlechteste von den letzten vier Spielen" gemacht zu haben. In den Partien zuvor wäre ein Erfolg viel eher verdient gewesen, doch da hätte man "immer auf die Fresse" bekommen. Exakt dieser schonungslose Realismus hält den wirtschaftlich nur bescheiden aufgestellten Jahn bereits im sechsten Jahr in der 2. Bundesliga. Spielerisch habe Selimbegovic, so heißt es, die Mannschaft in der Winterpause sogar weiterentwickelt, auch wenn sich dies in den Endergebnissen noch nicht niederschlug. Der Coach bevorzugt Viererkette und offensive Flügelspieler, hat nur in der Hinrunde hin und wieder mal mit Dreierkette experimentiert.

Gewinner und Verlierer: Der aus Aue geholte Sturmtank Prince Osei Owusu litt lange Zeit unter Ladehemmung, der Bann brach, wie könnte es anders sein, beim 3:0-Auswärtserfolg in Lautern. Seither läuft’s bei ihm besser. In den vergangenen fünf Partien traf der 1,90-Meter-Mann drei Mal, wobei er beim letzten Heimspiel gegen Magdeburg (2:2) gelbgesperrt pausieren musste. Selbst Sturm-Routinier Andreas Albers muss für Owusu nun auf die Bank. Mit sechs Treffern hat der 1,93 Meter große Däne allerdings nach wie vor eine Bude mehr auf dem Konto als sein Mitbewerber. Wer von den beiden am Sonntag aufläuft, kann Dirk Schuster allerdings ziemlich egal sein, da beide ungefähr baugleich sind und es für die Spielanlage des SSV keine Rolle spielt, wen Selimbegovic bevorzugt. Seit der Winterpause ist Sarpreet Singh nun endlich spielberechtigt und belebt regelmäßig den rechten Flügel. Und nicht zuletzt wegen dieser neuen Konkurrenz ist der Ex-Lautrer Nicklas Shipnoski in der Versenkung verschwunden. Die Leistungen des nunmehr 25-Jährigen schwankten zwar, seit er im Sommer aus Düsseldorf an die Donau wechselte, doch kam er an den ersten 19 Spieltagen stets zum Einsatz. Danach jedoch gar nicht mehr. In Fürth musste zuletzt Kapitän Benedikt Gimber in der Halbzeit mit einer Kopfverletzung in der Kabine bleiben. Der Sechser bildet in der Regel mit den erfahrenen Innenverteidigern Scott Kennedy und Steve Breitkreuz ein gut funktionierendes Defensiv-Triangel. Fällt Gimber aus, schwächt dies den Jahn gewaltig. Eine starke Saison spielt bislang der zentrale Mittelfeldspieler Kaan Caliskaner, der auch schon im Hinspiel auf dem Betzenberg auffiel: Ordentliche Technik, mit 1,93 Metern auch physisch präsent, 23 Jahre alt, und im Sommer läuft sein Vertrag aus - einer, der reif zu sein scheint für den berühmten "nächsten Schritt".

Zahlen, Daten, Fakten: Die Regensburger schlagen im Spiel fast genauso viele lange Bälle wie die Lautrer: 50,49 im Schnitt, der FCK 50,15. Sie liegen auch bei der Passquote ungefähr gleichauf (SSV: 76,6 Prozent bislang, FCK 75,9 Prozent) und haben es nicht so mit Ballbesitz (SSV: 44 Prozent im Schnitt, FCK 40 Prozent). Beide pflegen also einen ähnlichen "Underdog"-Stil". Aber warum ist Regensburg nur 16., Lautern aber Siebter? Um das zu erkennen, muss man etwas tiefer in die Analysedaten eintauchen. Sich beispielsweise das "smarte", also das linienüberwindende Passspiel anschauen. Von diesem hat der FCK bislang 78 gespielt, der Jahn erst 62, und die Pfälzer spielen ihres mit einer Erfolgsquote von 43,6 Prozent, die Bayern lediglich mit 22,6 Prozent. Das weist schon eher darauf hin, weshalb die einen bereits 43 Treffer erzielt haben, die anderen erst 28 - drittschlechtester Wert der Liga übrigens. Die Roten Teufel verwerten auch ihre Ecken besser: Schon acht direkte Treffer, Regensburg hat da erst drei Mal genetzt. Und nach hinten? Der SSV leistet sich im Schnitt 109,2 Ballverluste pro Spiel, der FCK nur 98,11 - womit er Drittbester seiner Klasse ist. Womit sich zumindest andeutungsweise die acht Gegentreffer mehr erklären lassen, die die Regensburger bislang kassiert haben, 45 nämlich.

Fazit: Wie sagte FCK-Trainer Schuster nach dem 0:1 im jüngsten Auswärtsspiel in Braunschweig? "Wir haben uns selbst geschlagen." Genau da gilt es am Sonntag anzusetzen. Bei allem Respekt vor dem durchaus vorhandenen Leistungsvermögen der Gastgeber: Der typische Schuster-Style mag gegen einen auf Dominanz ausgerichteten Gegner wie den HSV zuletzt wieder mal bravourös funktioniert haben, ihn gegen einen Kontrahenten, der im Prinzip auf die gleiche Masche setzt, abermals anzuwenden, könnte zum gleichen Ergebnis führen wie in Niedersachsen. Die verbleibenden Saisonspiele ließen sich doch gut nutzen, das Bespielen tief stehender Gegner zu verbessern, zumal mit Hansa Rostock am Samstag drauf bereits der nächste Kandidat mit einer solchen Spielanlage auf der Matte steht. Also hoch stehen, schnell und kurz passen und bei Ballverlust direkt ins Gegenpressing gehen. Aus der Not, dass mit Terrence Boyd der Sturmtank gelbgesperrt fehlt, könnte sogar eine Tugend werden: Indem ein technisch starker Mittelstürmer wie Nicolas de Préville den Regensburgern Innenverteidigern am Boden zusetzt und sich immer mal fallen lässt, um Platz zu machen für einen durchstoßenden Zehner: Marlon Ritter vielleicht oder Philipp Klement. Könnte beim Gegner vor allem auch Verwirrung stiften für den Fall, dass er auf der Sechser-Position nur eine Notlösung präsentieren kann. Wäre mal etwas anderes. Und interessant, auch mit Blick auf die kommende Spielzeit, in der sich dieses Team ja weiterentwickeln will.

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Sonntag, 13:30 Uhr: Chance zur Revanche in Regensburg (Der Betze brennt)

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