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Maximal minimalistisch: Der

Maximal minimalistisch: Der "Glubb" im Gegner-Check

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Der 1. FC Nürnberg versucht nach verpatztem Saisonstart, wieder in die Spur zu kom­men - und sucht sein Heil seit dem Trainerwechsel in der Defensive. Da wird der 1. FC Kai­sers­lautern spielerische Lösungen und eventuell Geduld benötigen.

Die Enttäuschten: Tabellenplatz 8 in der Vorsaison. Eine sportliche Leitung, in der Sportvorstand und Trainer im nunmehr dritten gemeinsamen Jahr an einem Strang ziehen wollten. Kaum Sommer-Abgänge, die zudem als verschmerzbar galten, aber dennoch gutes Geld brachten. Diese wiederum ermöglichten Investitionen in die Offensive, mit denen sich endlich wieder die Aufstiegsplätze anvisieren lassen sollten. Keine Frage, die Zuversicht, mit der der 1. FC Nürnberg in diese Saison startete, schien gut begründet. Umso ernüchternder, was dann geschah: Sechs Niederlagen in den ersten zehn Spielen, nur neun erzielte Treffer, da sah sich die Klubführung genötigt, die "Mechanismen des Geschäfts" greifen zu lassen: Trainer Robert Klauß musste gehen, Markus Weinzierl übernahm. Der startete mit einer 2:3-Heimniederlage gegen Kiel, gewann dann 1:0 in Düsseldorf. Im DFB-Pokal setzte sich der FCN mit dem gleichen minimalistischen Ergebnis bei Drittligist Mannheim durch, und zuletzt gab's ein 0:0 zuhause gegen Hannover. Erste Signale, dass zumindest defensiv wieder Stabilität hergestellt ist, sind gesetzt.

Trainerwechsel = Stilwechsel: Im Grunde tat Markus Weinzierl, was die meisten Trainer tun, wenn sie ein kriselndes Team übernehmen. Erstmal gucken, dass hinten die Null steht. In diesen jüngsten drei Pflichtspielen ohne Gegentreffer bildeten der erfahrene Johannes Geis und der junge Lino Tempelmann erfolgreich die Doppelsechs, die zuvor als Schwachpunkt galt. In der Innenverteidigung waren Kapitän Christopher Schindler und James Lawrence durchgehend gesetzt, Keeper Christian Mathenia als Nummer 1 sowieso. Und was hat Klauß falsch gemacht? Offiziell wird über den geschassten Coach natürlich nicht abgelästert, zwischen den Zeilen ist jedoch herauszulesen: Der fußballfachlich überambitionierte Klauß soll die Spieler mit Nerd-Kram zugetextet haben, bis ihnen in die Köpfe rauchten - in und um Kaiserslautern wird dieses Phänomen auch als "Boris-Schommers-Syndrom" bezeichnet. Und der Kader soll derart große Mängel im Ausdauerbereich aufweisen, dass Weinzierl bis zur Winterpause gar nichts anderes übrigbliebe, als hinten dicht zu machen. Fragt sich nur, warum Klauß über zwei Jahre lang in bestem Einvernehmen mit Sportvorstand Dieter Hecking arbeiten konnte. Als erfahrener Fußballlehrer hätte der diese Mängel doch längst erkennen müssen.

Der Lichtblick: Als Einzelner positiv herauszustechen, ist während eines Saisonverlaufs wie diesem nur schwer möglich. Einem "Glubberer" ist es dennoch gelungen: Kwadwo Duah, im Sommer vom FC St. Gallen (Schweiz) gekommen, präsentiert sich als körperlicher robuster und ungemein schneller Stürmer, der immer mal die Seiten wechselt. Bislang vier Treffer und zwei Vorlagen sprechen für sich. Da kommt Schwerstarbeit auf die Lautrer Außenverteidiger zu, die gerade mit solchen Spielertypen oft Schwierigkeiten haben. Hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist bislang Millioneneinkauf Christoph Daferner, der als Sturmtank für die noch fehlende Offensivpower sorgen sollte. Bislang drei Treffer belegen aber immerhin, dass der Ex-Dresdner nicht vollkommen neben den Spur ist.

Zahlenspiele: xG-Werte et cetera über den gesamten bisherigen Saisonverlauf zu betrachten, bringt nicht viel, da sich der Stil des FCN mit dem Trainerwechsel deutlich gewandelt hat. Auffallend: In keinem der jüngsten drei Spiele verzeichnete Nürnberg mehr Ballbesitz als der Gegner, auch nicht beim 1:0-Pokalsieg über Drittligist Mannheim. Und selbst gegen Hannover, vor eigenem Publikum, sah der "Kicker" "risikoscheue Nürnberger". In Mannheim erreichten die "Glubberer" immerhin einen xGoals-Wert von 1,86 - in den beiden anderen aber blieben sie deutlich unter der 1,0-Marke. Sagen wir es mal so: Es deutet nichts darauf hin, dass der ruhmreiche FCN am Samstag versuchen wird, seine Gastgeber an die Wand zu spielen.

Fazit: Großes Traditionsduell hin oder her, der FCN muss auf den Augenblick reagieren, und in diesem müssen die Franken wohl ihr Heil in der Defensive suchen. Der FCK ist daher aufgerufen, einen tiefstehenden Gegner zu bespielen. Und auch wenn wohl niemals ein Fußball-Beschreiber einem von Dirk Schuster gecoachten Team "Ballbesitzfußball" attestieren wird - gegen Braunschweig (1:1) oder Darmstadt (3:3) beispielsweise haben die Roten Teufel phasenweise durchaus gezeigt, dass sie auch aus langen Passstafetten Chancen kreieren können. Daran gilt es weiterzuarbeiten - und das 0:3 gegen Regensburg vor zwei Wochen am besten von der Festplatte im Kopf zu löschen. Und wenn die Info stimmt, dass die Nürnberger Probleme im Ausdauerbereich haben, kann es sich lohnen, Geduld zu haben und zu warten, bis dem Gegner die Luft ausgeht.

Quelle: Der Betze brennt

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