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Dirigent und Ungeheuer: Philipp Klement im DBB-Porträt

Dirigent und Ungeheuer: Philipp Klement im DBB-Porträt

Foto: Imago Images

Mit Philipp Klement hat der 1. FC Kaiserslautern den nächsten Transfer-Coup - oder wie Dirk Schuster sagen würde: eine Boeing 747 - am Betze zum Landen gebracht. Dort ist der Bundesliga-erfahrene Mittelfeldspieler kein Unbekannter.

Als Philipp Klement im Sommer 2011 die Pfalz gen Nürnberg verließ, war die Enttäuschung in der Fangemeinde groß. Schließlich galt der damals 18-Jährige als hoffnungsvolles Nachwuchstalent und bester Spieler eines erstklassigen A-Jugend-Jahrgangs. Der in Wachenheim aufgewachsene Mittelfeld-Spezialist hatte seit seinem elften Lebensjahr auf dem Betze und am Fröhnerhof gegen den Ball getreten. Vorläufiger Höhepunkt dabei: Kurz vor seinem Abschied wurde er mit der U19, gemeinsam mit dem heutigen FCK-Kapitän Jean Zimmer sowie Dominique Heintz und Willi Orban, Meister der A-Junioren-Bundesliga Süd/Südwest und nach einer Final-Niederlage gegen den VfL Wolfsburg Deutscher Vizemeister. Auch auf insgesamt fünf Partien in der deutschen Junioren-Nationalmannschaft kann Klement heute zurückblicken.

Mit dem Wechsel zum damaligen Bundesliga-Konkurrenten aus Nürnberg wollte Klement seine Profikarriere so richtig starten - stattdessen wurde er aber zunächst zu Hansa Rostock in die 3. Liga ausgeliehen. Erst 2016, nach seinem Weggang zu Mainz 05, sollte er seinen ersten echten Bundesliga-Vertrag unterschreiben. Glücklich wurde er jedoch auch in Rheinhessen nicht. Nach zwei Bundesliga-Einsätzen - immerhin gegen die Ruhrpott-Größen aus Schalke und Dortmund - verbannte ihn der damalige Trainer Martin Schmidt zu den Amateuren. Die wurden von Sandro Schwarz gecoacht und als dieser zur Saison 2017/18 die Profis übernahm, schöpfte Klement neue Hoffnung. Allerdings nur für ein halbes Jahr. Dann entschied er sich endgültig, den Karnevalsverein zu verlassen.

» Zum Video: Endspiel um die Deutsche U19-Meisterschaft im Jahr 2011

Durchmarsch mit Paderborn: Kreativ, torgefährlich, variabel

Im Winter der Saison 2017/18 wechselte Klement in die 3. Liga zum SC Paderborn, der von Steffen Baumgart trainiert wurde. Und dieser Wechsel sollte sich als die wahrscheinlich beste Entscheidung seines (bisherigen) Fußballer-Lebens erweisen. Gleich im ersten halben Jahr stieg er mit den Ostwestfalen in die 2. Bundesliga auf, erzielte in 17 Partien zwei Tore und bereitete weitere vier Treffer vor. Schon da zeigte sich seine extrem große Variabilität im Mittelfeld: Mal war er rechts, mal als klassischer Zehner, mal als spieleröffnender Sechser unterwegs. Eine Stärke, die sich im Laufe der Jahre noch weiter manifestiert hat. Sogenannte "Key-Passes", also spielentscheidende Schlüsselpässe in die Schnittstelle, sind seine große Stärke. Er verfügt über ein exzellentes und sehr genaues Passspiel - eine Fähigkeit, auf die sich FCK-Trainer Schuster besonders freuen dürfte, ist ihm sauberes Aufbauspiel doch besonders wichtig. Klement kann ein Mittelfeld im echten Wortsinn dirigieren.

Nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga war in Paderborn das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht. Im Gegenteil. Gemeinsam mit Marlon Ritter und Ben Zolinski, die er nun beim FCK wieder trifft, schaffte Klement den direkten Durchmarsch in die Beletage. Und daran hatte der damals 26-Jährige mit den größten Anteil: In 31 Zweitliga-Spielen erzielte er stolze 16 Tore - insgesamt trafen nur fünf Spieler in dieser Saison häufiger. Zudem bereitete er sieben Treffer vor. Dabei zeigte er wieder seine Vielseitigkeit, war häufig im zentralen Mittelfeld unterwegs - was nach eigener Aussage seinen Stärken am meisten entgegen kommt. Noch öfter war er aber im offensiven Mittelfeld als Zehner anzutreffen. Über sein eigenes Spielverhalten sagte er in einem Interview einmal: "Man braucht vom Trainer eine gewisse Freiheit. Man muss wissen, dass man einen riskanten Ball spielen und der auch mal nicht ankommen darf. Dass man den zweiten und dritten danach wieder probiert. Wenn ein Verteidiger - und das soll nicht abwertend klingen - seinen Stiefel runterspielt und seine Zweikämpfe gewinnt, ist das Soll erfüllt. Von den offensiven Spielern wird das Besondere erwartet." Das Besondere, das zeigt Klement oftmals bei Standardsituationen. Klement, das Freistoß-Ungeheuer. In der Saison 2018/19 erzielte er alleine vier seiner 16 Tore per direktem Freistoß. Insbesondere aus der halblinken Position konnten die Paderborner-Fans im Falle eines Freistoßpfiffs zeitweise den Torjubel schon fest einplanen.

» Zum Video: Klements Treffer per Freistoß gegen Sandhausen

Glückloser Wechsel nach Stuttgart und Paderborn-Rückkehr

Geprägt wurde sein Spiel von der Fußball-Idee Baumgarts, der stets einforderte, dass alle Akteure auch nach hinten arbeiten müssen. Dass er dennoch so torgefährlich blieb, zeigt seine enorme Qualität. Zu Paderborner Zeiten wurde ihm einmal folgende Fan-Beschreibung zuteil: "Weil Philipp Klement alles ist: Ankersechser, balancierender Achter, Nadelspieler, dribbelstarker Flügelspieler, kreativer Zehner und Standardgott. Philipp Klement ist immer das, was das Spiel gerade von ihm verlangt. Und das ist in der Zweiten Liga zu wenig für seine individualtaktischen Qualitäten."

Er ist also im wahrsten Sinne des Wortes ein "Mittelfeld-Ungeheuer". Und die davor positionierten Stürmer können sich freuen: Ob hoher Diagonalball oder Schnittstellenpass: Klement spielt ihn und das passgenau.


» Zum Video: Klement als Vorlagengeber gegen den KSC

Kein Wunder also, dass das auch andere Klubs auf den Plan rief. Nach dem Bundesliga-Aufstieg mit Paderborn zog es ihn zum VfB Stuttgart, der damals noch in zweitklassig kickte - bis Klement kam. Auch mit dem VfB feierte er den Aufstieg, auch wenn er "nur" 19 Spiele absolvierte und vier Vorlagen beisteuerte. Im Jahr darauf kam er "endlich" auch höchstselbst in der Bundesliga an, machte 18 Einsätze und erzielte beim 5:1 über Schalke 04 seinen ersten Bundesliga-Treffer - mit Links aus der Distanz - eine weitere Stärke Klements. Aber insgesamt konnte er in Stuttgart nicht an seine Paderborner Glanzzeit anknüpfen und ließ sich nach einer glücklosen Hinserie im Winter der vergangenen Saison zurück nach Paderborn ausleihen. Trotz eines Muskelfaserrisses schaffte er es dort zu elf Einsätzen, in denen er zweimal traf - ein Tor davon war das oben erwähnte Freistoßtor gegen Sandhausen.

Defizite im Zweikampf und der Schnelligkeit - Klement passt trotzdem

Bei all dem Lob, natürlich hat der heute 29-Jährige auch Schwächen in seinem Spiel. Mit 1,74 Meter ist er nicht sonderlich groß, was sich in seinem Zweikampfverhalten bemerkbar macht. Außerdem ist er nicht der Schnellste. Beim Dribbling ist er zudem häufig zu sehr auf seinen linken Fuß festgelegt. Aber sei's drum: Für den Aufsteiger aus Lautern ist die Rückkehr von Klement definitiv eine enorme Verstärkung. Auch menschlich wird der gebürtige Ludwigshafener gut in die Mannschaft passen, so die Einschätzung von denen, die ihn kennen. Nicht nur weil er den FCK wie seine Westentasche kennt und mit Jean Zimmer, Marlon Ritter und Ben Zolinski auf alte Bekannte trifft. Die bodenständige Art Klements, der nebenher ein Fernstudium im Sportmanagement absolviert hat und sich nach seiner aktiven Laufbahn eine Karriere als Trainer oder Manager vorstellen kann, wird sich in das vielzitierte Kollektiv gut einfügen.

Die Freude über die Verpflichtung war dementsprechend auch Trainer Dirk Schuster anzumerken. "Sie sehen selber, dass ich ein leichtes Grinsen im Gesicht habe, wenn der Name Philipp Klement fällt. Er kommt aus der Bundesliga, schlägt technisch eine feine Klinge und kann Standardsituationen hervorragend ausführen. Er wird unser Offensivspiel ankurbeln, wo wir bisher öfter einmal falsche Entscheidungen getroffen haben", sagte dieser auf Nachfrage von Der Betze brennt. Er hat nun die Qual der Wahl, ob er Mike Wunderlich oder Klement den Vorzug gewährt - oder vielleicht den Luxus, nach 60 Minuten den einen durch den anderen zu ersetzen. Oder vielleicht sogar beide gleichzeitig aufzubieten, wer weiß. Die Boeing 747 ist jedenfalls gelandet.

» Zum Video: Klement im kurzen VfB-Interview

Quelle: Der Betze brennt

Weitere Links zum Thema:

- Philipp Klement wechselt vom VfB Stuttgart zum FCK (Pressemeldung FCK)

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