Taktik-Nachlese zum Spiel Fürth-FCK

Die DBB-Analyse: Später K.o., aber mit Ansage

Die DBB-Analyse: Später K.o., aber mit Ansage


Nimmt der Alptraum denn nie ein Ende? Zum dritten Mal in Folge verliert der 1. FC Kai­sers­­lautern unnötig, diesmal 1:2 bei der SpVgg Fürth. Wieder war "mehr drin", wieder ent­schei­det ein einziger schwacher Moment, aber ebenso gilt wieder mal: selbst schuld.

Ja, die vier Minuten Nachspielzeit waren bereits abgelaufen, als die Fürther ihren allerletzten, für den FCK verhängnisvollen Angriff starteten. Kurz zuvor aber hatte Schiedsrichter Patrick Alt angezeigt, dass es zum Nachschlag noch was obendrauf gibt. Marlon Ritter war nach einem Schlag in die Rippen liegen geblieben und schließlich gegen Daniel Hanslik ausgetauscht worden, diese Sekunden des Stillstands wollte der Referee noch ausgleichen.

Die entscheidende Frage sollte daher lauten: Wieso konnte Branimir Hrgota in dieser 95. Minute am linken Flügel so verdammt frei stehen? Der Schwede passte sofort in die Mitte, nachdem er den weiten Diagonalpass aufgenommen hatte, scharf und mit Schnitt, die Sorte Flanke, die sich nicht gepflegt annehmen, sondern in die sich nur hineinrutschen lässt. Die auch gerne mal von einem gegnerischen Abwehrspieler ins eigene Netz abgefälscht wird - wenn kein Mitspieler sie erwischt, wie in diesem Fall. Robert Wagner hieß der Glückliche. Mit seinem Siegtreffer zum 2:1 machte er sich sogar zum Doppeltorschützen. Ungewöhnlich für einen defensiven Mittelfeldspieler. In den 26 Partien zuvor hatte der erst 20-Jährige nur ein einziges Mal getroffen.

Das Unheil kam aus dem Mittelfeldzentrum

Hrgota und Wagner also. Der Zehner und der Sechser. Dass Spieler auf diesen beiden Positionen dem FCK das Genick brachen, deutet bereits darauf hin: Die Lautrer verloren dieses Spiel im Mittelfeldzentrum. Dafür finden sich sogar noch ein paar Belege mehr.

In der zweiten Hälfte, als die Fürther vor allem zwischen der 45. und der 60. Minuten stark aufkamen, fanden diese immer wieder Anspielstationen in der Zone vor dem Sechzehner. In Halbzeit eins dagegen hatten sie gar nichts zuwege gebracht, ihren 68 Prozent Ballbesitz zum Trotz - die nämlich zelebrierten sie fast ausschließlich in den uninteressanten Bereichen des Spielfelds.

Immerhin aber durfte sich bei den Einschussmöglichkeiten, die sich die Gastgeber in dieser Viertelstunde herausspielten, FCK-Keeper Robin Himmelmann auszeichnen. Schön für ihn, da er obwohl er in drei Partien noch keinen Gegentreffer verschuldete einiges an Kritik hatte einstecken müssen.

Niehues' Ausfall wiegt schwer

Doch was war in der Pause geschehen? Kleeblatt-Coach Alex Zorniger wird, natürlich, mehr Aggressivität im Zweikampf eingefordert haben, die sein Team danach auch verstärkt an den Tag legte. Und der FCK wirkte, wie schon öfter in dieser Spielzeit, in der ersten Viertelstunde der zweiten Hälfte weniger konzentriert.

Diese "Wyscout"-Grafik zeigt recht deutlich, wie sich die Zweikampfquote in dieser Phase verschoben:

Quote gewonnener Zweikämpfe Fürth-FCK

Hinzu kam: Mit Julian Niehues war Lauterns Mann vor der Abwehr zur Pause ausgeschieden. Mit einer Knieverletzung, von der noch nicht prognostiziert werden kann, wie schwer sie ist. Fällt der 22-Jährige länger aus, trifft das den FCK möglicherweise härter als diese Niederlage. Diese Befürchtung war auch Friedhelm Funkel nach dem Spiel anzumerken. Denn mit Niehues und Filip Kaloc als Duo im zentralen Mittelfeld hatten die Roten Teufel zuletzt zu deutlich mehr Stabilität gefunden.

Wäre Niehues in der entscheidenden Szene bei Hrgota gewesen? Hätte er vor dem 1:1 eventuell Wagner abgedeckt, der aus dem Rückraum unbedrängt den Ball unters Torgebälk schweißen durfte? Müßig, darüber zu spekulieren. Doch zumindest die Entstehungsgeschichte zum 1:1 lässt es vermuten.

Wagners Ausgleichstreffer: Irgendwie symptomatisch

Zunächst offenbart sich eine Schwäche, an der das Spiel der Betze-Buben die gesamte zweite Hälfte hindurch krankte: Die weiten Bälle aus der Abwehr werden mehrheitlich sofort retourniert, weil sie niemanden mehr finden, der sie festmacht. Manche sind schlichtweg zu kurz, wie der, den Keeper Robin Himmelmann in dieser 53. Minute schlägt. Noch vor der Mittellinie pflückt diesen - wer wohl? - Robert Wagner herunter.

Der Leihspieler aus Freiburg passt nach links und trabt weiter nach vorne. Vor den Sechzehner, wo ihn Jomaine Consbruch erneut abspielen kann. Darauf versucht Wagner einen Steckpass auf Stürmer Dennis Srbeny, doch Jan Elvedi spitzelt ihm den Ball vom Fuß. Ohne Kontrolle allerdings, so dass er ungewollt Doppelpass mit Wagner spielt, der mittlerweile, immer noch unbedrängt, im Strafraum eingelaufen ist. Nun darf er auch noch aus 14 Metern abziehen.

Noch Fragen? Der Junge ist fast 30 Meter durch die Spielfeldmitte marschiert, hatte drei Ballkontakte inklusive Torabschluss, ohne dass ihn jemand störte. Ein Sechser wie Niehues zum Beispiel.

Für den war übrigens Tobias Raschl gekommen. Der hier keineswegs zum alleinigen Sündenbock gemacht werden soll. Raschl stand in punkto Passgenauigkeit (75 Prozent) seinem Vorgänger (77 Prozent) kaum nach, präsentierte sich sogar einen Tick lauffreudiger (6,1 Kilometer) als Niehues (5,7 Kilometer). Was aber für einen zentralen Mann vor der Abwehr kein unbedingt entscheidendes Kriterium ist. Niehues hatte zuvor 75 Prozent seiner Defensiv-Zweikämpfe gewonnen, während für Raschl nur 50 Prozent zu Buche stehen. Das sind zumindest Details, die ein Pendel gegen Ende eines Spiels zugunsten des Gegners ausschlagen lassen können.

Nach 65 Minuten flügellahm

Nächster Kritikpunkt: Nach der Auswechslung von Richmond Tachie und Aaron Opoku, die Coach Funkel nach 65 Minuten vornahm, gelangen dem FCK keine wirkungsvollen Flügelangriffe mehr. Philipp Hercher blieb blass, und Dickson Abiama fiel nur durch zwei ungestüme Aktionen auf, für die er die Gelbe Karte kassierte. Okay, es gelang ihm auch ein verwertbares Zuspiel auf Ragnar Ache, nachdem er etwas glücklich in Ballbesitz geblieben war. Ache aber jagte das Leder übers Tor.

Dem ausgewechselten Tachie wiederum muss der Vorwurf gemacht werden, dass sein Eigensinn die wohl größte Torchance seines Teams in der gesamten zweiten Halbzeit vereitelte. Nach einer knappen Stunde drosch er, in der Strafraummitte stehend, den Ball übers Tor. Die Schussbahn, die er hätte nutzen müssen, war ihm jedoch von zwei Gegenspielern verstellt. Hätte er das Leder mit der Innenseite nur ein paar Meter weiter zu Ache geschoben - der stand vollkommen frei.

So blieb den Roten Teufeln nicht nur ein Happy End, sondern auch der eine Punkt versagt, den sie schon sicher zu haben hofften. Und mit dem sie sich ungefähr ab der 70. Minute ein bisschen zu offensichtlich zufrieden geben wollten. Was den finalen Niederschlag ebenfalls ein Stück weit provozierte.

Nur noch Makulatur: Die souveräne erste Hälfte

Die gute erste Halbzeit, in der der FCK trotz lediglich 32 Prozent Ballbesitz die Partie vollkommen im Griff hatte, war am Ende nur noch ein Muster ohne Wert. Schon nach vier Minuten zeigten die Pfälzer, wie die gesamte Partie für sie hätte laufen können. Jean Zimmer setzte auf der rechten Seite Tachie ein, der überlief seinen Gegenspieler, flankte in die Mitte, Ritter ließ durch - und Aches Direktabnahme traf nur Simon Astas Fuß.

Und dann das 1:0. Ache wurde schließlich zum Torschützen erklärt, nachdem die Fernsehbilder geklärt hatten, dass er den Ball bereits über die Linie bugsiert hatte, ehe Elvedi das Netz zappeln lassen. Doch gleich, wem der Treffer zugeschrieben wurde - eigentlich gehört er Ritter, der sich mit einem spektakulären Lupfer in den Strafraum gemogelt und von der Torauslinie die Vorlage geliefert hatte. Vorausgegangen war eine Ecke von MR7, die es, zugegeben, nicht hätte geben dürfen. Was der anschließenden Aktion aber nichts von ihrer Schönheit raubt.

Szenen, die sich Lautrer aber nun dennoch bewahren müssen. Denn sie belegen, dass sie Fußball spielen können. Dunkle Prophezeiungen à la "Wer so seine Spiele verliert, steigt ab", helfen in dieser Situation niemandem. So herb dieser Niederschlag war: Da auch Rostock und Wehen keine Punkte holten - Braunschweig spielt erst morgen -, hat der FCK an diesem Spieltag im Abstiegskampf bisher keinerlei Boden verloren. Platz 15 ist nach wie vor in Schlagdistanz. Und kommenden Samstag kommt mit dem SVWW ein Gegner auf den Betzenberg, an dem sich mit einem Sieg vorbeiziehen lässt.

Und wieder ein Sieg nach xG - Grau ist eben alle Theorie

Zu den Grafiken: Wieder mal haben die Roten Teufel ein Spiel nach "expected Goals" gewonnen. Kennen wir schon von vergangener Woche. Der Sieg beim HSV hätte sogar noch deutlicher ausfallen können. Theoretisch.

xG-Timeline Fürth-FCK

Die Passmap der Roten Teufel: Diesmal haben mit Keeper Himmelmann (Nr. 32), Zimmer (8) und Ritter (7) gleich drei Spieler ihren Mittelstürmer Ache (9) mehr als dreimal angespielt. Die Flügelstürmer Opoku (17) und Tachie (29) kommunizierten. Im zentralen Mittelfeld dagegen finden sich kaum Pfeile. Was ebenfalls drauf hindeutet: Insbesondere in Hälfte zwei lief im und durchs Zentrum zu wenig.

Passmap FCK

Die Passmap des Kleeblatts: Na, das sieht ja aus, als ob da Barca den Ball zirkulieren ließ. Wer das Spiel gesehen hat, weiß: So doll war's auch wieder nicht.

Passmap Fürth

Die Duell-Übersicht: An den Bilanzen der vier Lautrer Abwehrspieler gibt's nichts zu meckern. Schön zu sehen, wie abgemeldet die Sturmspitzen Srbeny und Sieb im Grunde waren, aber auch, dass der zur Halbzeit eingewechselte Tim Lemperle über wesentlich mehr Durchsetzungsvermögen verfügte. Ebenfalls ein Grund, weswegen der FCK in Hälfte zwei die Kontrolle verlor.

Zweikampf-Duelle Fürth-FCK

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Eric Scherer

Weitere Links zum Thema:

- Saison-Übersicht 2023/24: Die DBB-Analysen der FCK-Spieltage

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