Interview des Monats: FCK-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt, Teil 1/2

"Wir befinden uns erst am Anfang unserer Entwicklung"

"Wir befinden uns erst am Anfang unserer Entwicklung"

Vor einem Jahr: Aufsichtsratsvorsitzender Keßler begrüßt Geschäftsführer Voigt beim FCK

Corona-Pandemie, Geisterspiele, Planinsolvenz, Investoren-Einstieg, Trainerwechsel und vieles mehr: Soeren Oliver Voigt hatte in seinem ersten Jahr beim 1. FC Kaiserslautern zig Baustellen. Im großen DBB-Interview blickt der Geschäftsführer zurück und voraus.

Der Betze brennt: Soeren Oliver Voigt, vor Kurzem sagte Ihr Cheftrainer Jeff Saibene, dass er in seinen ersten vier Wochen beim 1. FC Kaiserslautern schon so viel, wie anderswo in acht Monaten erlebt habe. Sie selbst sind nun schon ein ganzes Jahr im Amt als FCK-Geschäftsführer - wie lang, wie intensiv waren diese zwölf Monate für Sie?

Soeren Oliver Voigt (51): Wenn ich auf diesen Sachverhalt angesprochen werde, so kommt bei mir spontan das Gefühl auf, dass wir die Themen und Inhalte der vergangenen zwölf Monate ebenso gut auch in einem Zeitraum von zwei bis drei Jahren hätten unterbringen können. Die Aufgabe hier beim FCK ist extrem intensiv und anspruchsvoll. Da ich es allerdings kaum anders erwartet habe, macht mir mein Job noch immer viel Spaß und ich kann mich gut motivieren, jeden Tag aufs Neue die vielfältigen Themen rund um den Klub anzugehen.

"Ein großer Verein wie der FCK hätte niemals an dieser Stelle landen dürfen"

Der Betze brennt: In der aktuellen Ausgabe von "11 Freunde" werden Sie mit den Worten zitiert: "Niemand, der das noch nicht erlebt hat, kann sich vorstellen, was für ein finanzieller Kraftakt so eine Insolvenz ist." Wenn Sie es sich vor einem Jahr hätten vorstellen können, wären Sie dann überhaupt zum FCK gekommen?

Voigt: Diese Frage stellt sich mir nicht. Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie blieb uns letztlich keine andere Möglichkeit, als diesen alternativlosen Weg zu gehen. Dass unser Klub sich auch schon im Dezember 2019 in existenziellen Nöten befunden hat, war für niemanden neu. Eine Insolvenz ist zunächst einmal eine Katastrophe, da sie dokumentiert, dass in diesem Fall der Klub als Unternehmen seit Jahren nicht so funktioniert hat, wie er hätte müssen. Ein großer Verein wie der FCK hätte niemals an dieser Stelle landen dürfen.

Es ist nun wichtig, dass wir alle für die Zukunft die richtigen Schlüsse aus der Vergangenheit und diesem extremen Jahr ziehen. Durch die Insolvenz haben unter anderem tausende unserer Fans einen wirtschaftlichen Verlust erlitten. Dabei haben sie im Ursprung durch diese Zuwendungen ihre Liebe zum Verein dokumentiert. Ich merke in den Gesprächen, dass viele Anhänger frustriert sind. Nun sind wir in der Verpflichtung, das verlorene Vertrauen wiederaufzubauen und diese Liebe wieder zu aktivieren. Das erfordert wie schon gesagt neue Wege!

Der Betze brennt: Gab es in den Monaten, in denen Sie um den Weg aus der Insolvenz gekämpft haben, auch Momente, in denen Sie glaubten, Sie schaffen es nicht?

Voigt: Rein faktisch betrachtet gib es in einer solch extremen Situation, in der man um die Existenz kämpft, immer wieder Momente, in den man auch scheitern kann, da man nicht jede Entscheidung selbst in der Hand hat. Hingegen der Glaube, dass wir diese Planinsolvenz schaffen können, war immer da.

"Der komplexe Kosmos FCK wird immer wieder Überraschungen bringen"

Der Betze brennt: Von den vielen Hindernissen, die in den vergangenen Monaten zu überwinden waren - welches hätte sich aus Ihrer Sicht am wenigsten auftun müssen: Die Auseinandersetzung mit OB Klaus Weichel um die Stadionmiete, Stichwort: Anteile als Mietkompensation? Oder die Querelen um Aufsichtsratsmitglied Jörg Wilhelm und seine in Eigeninitiative gestartete Öffentlichkeitsarbeit in Sachen Dubai-Investor?

Voigt: Man kann den Menschen nicht hinter die Augen schauen und Probleme lassen sich mal schnell und mal weniger schnell lösen. Der komplexe Kosmos FCK wird sicherlich auch in den kommenden Jahren selbst im Falle von sportlichem Erfolg immer wieder Überraschungen für uns parat haben. Solange uns dies bewusst ist und wir in kleinen Schritten den realistischen Zwischenzielen folgen, werden wir auch die dazugehörigen Probleme lösen können.

Der Betze brennt: Der 1. FC Kaiserslautern scheint jetzt als "Corona-Gewinner" abgestempelt zu werden, weil die Insolvenz dadurch keine sportlichen Konsequenzen - sprich Punktabzug - nach sich zog. Insbesondere unter den Liga-Konkurrenten scheint sich der FCK damit keine Freunde gemacht zu haben, darauf deuten zumindest diverse öffentliche Verlautbarungen hin. Wie erleben Sie das im internen Umgang mit Amtskollegen, anderen Funktionären, aber auch Spielerberatern? Wird der FCK jetzt in der Branche verspottet oder gar gehasst?

Voigt: Nein, ganz im Gegenteil. Die meisten Kollegen wissen, dass unser Schritt alternativlos war. Der Austausch untereinander ist wie eh und je und ich stelle sogar fest, dass aufgrund der aktuell schwierigen Situation im Profisport das Interesse an "unserem Weg" nicht geringer geworden ist.

"Wir konnten den FCK bis heute angemessen durch die Krise manövrieren"

Der Betze brennt: Die spitze Polemik mal beiseite gelassen: Hätte eine Lizenzierung auf dem üblichen Wege wirklich so gute Voraussetzungen schaffen können, wie sie nun gegeben sind? Oder, anders ausgedrückt: Könnte der FCK ohne Corona, Insolvenz, Schuldenschnitt und so weiter denn jetzt tatsächlich besser dastehen?

Voigt: Wir waren in den vergangenen Monaten auf unserem Weg mit den kleinen Schritten gut beraten und vorbereitet. So haben wir bis heute auch den Umständen entsprechend angemessen den Klub durch die Krise manövrieren können. Wir befinden uns allerdings auch nach wie vor erst am Anfang unserer Entwicklung.

Der Betze brennt: Wie sind Sie persönlich mit dem Dauerdruck in den vergangenen Monaten umgegangen. Konnten Sie auch einmal abschalten? Wenn ja, wie?

Voigt: Natürlich muss man auch mal abschalten. Ich kann das am besten mit Familie und Freunden.

Der Betze brennt: Sie haben ja früher Hockey mal gespielt. Kommen Sie denn da noch zu - und wenn nein, hoffen Sie, dafür mal wieder Zeit zu haben?

Voigt: Hockey habe ich leider schon längere Zeit nicht mehr gespielt, da ich zu selten die Zeit habe, mich an einem Training zu beteiligten oder gar bei einem Spiel dabei zu sein.

"Wir suchen weiter einen Ankerinvestor und arbeiten an der Fan-Säule"

Der Betze brennt: Der Aufsichtsratsvorsitzende Rainer Keßler sagte in unserem letzten "Interview des Monats", dass der FCK durch die Entschuldung nun auch für einen eventuellen Großinvestor attraktiver wäre, der im sogenannten "Vier-Säulen-Modell", auf dem die Kapitalgesellschaft einmal stehen soll, nach wie vor offen ist. Wie ist da der Stand der Dinge?

Voigt: Das Vier-Säulen-Modell ist für uns so aktuell wie eh und je. Die Gruppe der regionalen Investoren hat durch ihr Engagement die Existenz des FCK garantiert (für 11 Millionen Euro hat die Saar-Pfalz-Invest GmbH rund 33 Prozent der FCK-Anteile gekauft; Anm. d. Red.). Nun sind wir in der Verpflichtung, dieses Investment abzusichern und weiter zu stärken. Dazu gehört das Gewinnen eines Ankerinvestors ebenso, wie die Öffnung der vierten Säule.

Der Betze brennt: Sie sprechen es gerade schon an: Wir Fans warten ja nach wie vor auf die Öffnung der ebenfalls noch vakanten Fan-Säule. Rainer Keßler sagte dazu, der FCK wäre dafür noch nicht wirtschaftlich stabil genug, und auch ein Aufstieg in die 2. Bundesliga garantiere diese Stabilität noch nicht. Wann könnte es Ihrer Ansicht nach soweit sein?

Voigt: Die von Rainer Keßler angesprochene wirtschaftliche Stabilität erreichen wir durch den Einstieg des besagten Ankerinvestors. Wir wollen den Fans die Möglichkeit geben, erst dann wieder ein "wirtschaftlicher Teil" des Klubs zu werden, wenn diese Stabilität geschafft ist. Es soll niemand noch einmal durch die existenzielle Not des Klubs in eine finanzielle Beteiligung gepresst werden.

(Das Interview führten Eric Scherer und Thomas Hilmes.)

Morgen im zweiten Teil unseres Interviews des Monats: FCK-Geschäftsführer Soeren Oliver Voigt über die Zielsetzung Aufstieg, die Wechsel im Trainerteam und den auslaufenden Vertrag von Sportdirektor Boris Notzon.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Teil 2 des Interviews: "Wir sind überzeugt vom Potential der Mannschaft" (Der Betze brennt)

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