Taktik-Nachlese zum Spiel FCK-SVW

Die xG-Analyse zum Derby: Hansliks starke Premiere

Die xG-Analyse zum Derby: Hansliks starke Premiere

Neben Neuzugang Daniel Hanslik und Torwart Avdo Spahic ebenfalls überzeugend: Torschütze Marlon Ritter

Erste Halbzeit pfui, zweite Halbzeit hui - auf diesen gemeinsamen Nenner kamen wohl Betrachter, die das Derby zwischen Lautern und Mannheim durch die FCK-Brille sahen. Die xG-Analyse beschert tiefere Einblicke - und hebt besonders einen Debütanten hervor.

Wieso werden die Halbzeitkommentare im Fußballfernsehen eigentlich immer Profis überlassen? Was nach den ersten 45 Minuten im Derby zwischen dem 1. FC Kaiserslautern und Waldhof Mannheim über die Leistung des Heimteams zu sagen war, brachte niemand treffender auf den Punkt als ein Zuschauer in Block 1.2 des Fritz-Walter-Stadions. "Ich kann ja verstehen, dass in der Corona-Zeit kein Alkohol ausgeschenkt wird", ärgerte sich der zahlende Gast, "aber dann sollen sie wenigstens so spielen, dass man keinen braucht."

In der Tat: "Ernüchternd" ist eigentlich noch zu höflich ausgedrückt für das, was der FCK in Halbzeit eins bot. Und das schon zum wiederholten Mal in der glücklicher Weise noch jungen Saison. Vom Verbandspokal-Spiel gegen die unterklassige SG Meisenheim mal abgesehen, gerieten die Roten Teufel im fünften Pflichtspiel dieser Spielzeit zum fünften Mal in Rückstand. Vier Mal erfolgte der erste Einschlag bereits innerhalb der ersten zehn Minuten, und jedes Mal trugen die Pfälzer lange Zeit schwer an dem Rückschlag.

Immerhin wird die Zeitspanne, bis sie endlich in Tritt kommen, kürzer. Während die Lautrer beim 2:2 in Wiesbaden vergangenen Montag nach einer runden Stunde langsam Betriebstemperatur aufnahmen, sorgte im Derby ein Alu-Treffer Janik Bachmanns noch vor der Pause für ein Hallo-Wach-Erlebnis. Eine knackige Pausenansprache von Trainer Jeff Saibene, so wurde es hinterher überliefert, tat ein Übriges, um das Team auf Touren zu bringen.

Wieder braucht es Wechsel und Umstellung - diesmal nach 35 Minuten

Nicht minder effektiv wirkte sich jedoch ein Wechsel aus, den Saibene bereits in der 36. Minute vornahm: Hikmet Ciftci kam für Elias Huth, also Mittelfeldspieler für Stürmer. Wie schon gegen Wiesbaden, und auch da lief das FCK-Spiel sofort besser, kurz darauf fiel der 1:2-Anschlusstreffer.

Diesmal leitete Ciftci, kaum im Spiel, Bachmanns Kopfballchance ein, indem er Adam Hlousek einsetzte, der wiederum auf den in den Strafraum einrückenden Mittelfeldspieler flankte. Im weiteren Verlauf des Spiels wechselte sich Ciftci mit Bachmann in der Rolle des Zehners ab, der im Spiel gegen den Ball neben die Sturmspitze rückte. Somit ist Bachmanns Rolle unter Saibene nun noch offensiver, als sie es bereits unter Boris Schommers bereits geworden war. Auch der hatte den einstigen Sechsern in seinem komplexen Offensivspiel weiter nach vorne geschoben, was bis zu Schommers' Entlassung allerdings noch kaum Wirkung gezeigt hatte.

Unter Saibene ist Bachmann in nur zwei Partien zu Lauterns torgefährlichstem Mittelfeldspieler mutiert. In Wiesbaden köpfte er den Anschlusstreffer, diesmal war's Aluminium, und nach 64 Minute zwang er nach Freißstoßflanke Marlon Ritters Waldhof-Keeper Jan-Christoph Bartels mit einem weiteren Kopfball zu einer Blitzreaktion.

Trotz starker zweiter Hälfte: Der Waldhof war der wahrscheinlichere Sieger

Überhaupt dürfte die zweite Hälfte den durstigen Gast in Block 1.2 zumindest zufriedengestellt haben - um den Anhang auch ohne Alkohol in einen Vollrausch zu versetzen, hätte es freilich noch einen Treffer mehr gebraucht als den, den Ritter in der 77. Minute erzielte. Immerhin aber sahen die 6.000 Zuschauer im Stadion in diesen 45 Minute einen FCK, der sich leidenschaftlich in die Zweikämpfe stürzte und wiederholt Balleroberungen in der Gegners Hälfte verzeichnete. Wenn es doch nur endlich mal zwei Hälften hintereinander auf diesem Level zu sehen gäbe...

Unsere Aufrechnung der "expected Goals", also der qualitativ bewerteten Torchancen, weist dennoch den Waldhof als wahrscheinlicheren Sieger aus. Was in erster Linie an der Großchance lag, die FCK-Keeper Avdo Spahic in der 35. Minute vereitelte. Erst wehrte er einen 16-Meter-Schuss Rafael Garcias ab, anschließend klärte aus kürzester Distanz mit dem Fuß gegen Dominik Martinovic, der sich des Abprallers angenommen hatte.

Die Szene allein schlägt mit einem Wert von rund 0.75 zu Buche, also 75-prozentige Trefferwahrscheinlichkeit, das entspricht etwa der eines Elfmeters.

xG-Plot

Die Positions- und Passgrafik müssen wir diesmal mit Vorsicht genießen. Sie betrachtet bekanntlich nur die ersten 70 Minuten des Spiels. Der als "Huth" bezeichnete Spot verzeichnet visualisiert also zur Hälfte den Ballbesitz, die Passaktivität und durchschnittliche Ballannahmeposition Ciftcis. Und in "Röser" stecken 25 Minuten Daniel Hanslik.

Der zum Transferschluss vergangenen Montag verpflichtete Stürmer war zur Pause gekommen. Und er stellte bei seinem Debüt als kluge, bewegliche Offensivkraft vor, der seinen Körper geschickt einzusetzen weiß. Klasse, wie Hanslik nicht den direkten Abschluss sucht, als er in Minute 73 halblinks im Strafraum angespielt wird, sondern querlegt, wo zunächst Ciftci verpasst, ehe der eingewechselte Anil Gözütok abzieht - Waldhof-Verteidiger Jan-Hendrik Marx klärt jedoch auf der Torlinie.

xG-Passmap (FCK)

Interessant: Obwohl der Name "Hanslik" in der Position- und Passgrafik nicht zu finden ist, taucht er gleich zwei Mal in der "Bestwerte"-Sparte auf, die unser xG-Analyst Sander Ijtsma auf der rechten Seite seiner Grafik auflistet. Bei "most progressive passing received" sowie "most progressive carrying" - er war also der, der die meisten Pässe in die Tiefe annahm und die meisten Wege in die Tiefe ging.

Womit auch die Datenanalyse unseren subjektiven Eindruck bestätigt: Hanslik hat sich nach nur 45 Minuten als Stürmer für die Startelf empfohlen - zumindest, solange Marvin Pourié verletzt ist. An Huth und Röser jedenfalls sollte er am Samstag vorbeigezogen sein.

Die rechte Seite war stärker im Spiel - aber Hlousek flankt am besten

Ebenfalls gut zu sehen: Die rechte Seite, diesmal mit Simon Skarlatidis vor Dominik Schad, war wesentlich besser im Spiel als in Wiesbaden. Wobei es keinen Zweifel gibt, dass die besseren Flanken auch diesmal von der anderen Seite kamen. Nicht zuletzt legte Adam Hlousek nach Bachmanns Alu-Treffer auch Ritters Ausgleichstreffer auf.

Gespannt darf man sein, ob Saibene das nächste Spiel mit nur einer Sturmspitze beginnt, nachdem sich die Abkehr vom 4-4-2 während einer Partie nun schon zwei Mal hintereinander auszahlte. Zumal es Saibene schwerfallen dürfte, einen aus dem Trio Ciftci, Bachmann und Tim Rieder auf die Bank zu setzen.

Abkehr vom 4-4-2: Warum nicht einmal von Beginn an?

Eine Überlegung wert wäre auch, in einem 4-2-3-1 Ritter der Rolle des Zehners zu übertragen: Wie schon in Wiesbaden war der Neuzugang aus Paderborn auch im Derby erneut der Mann für die spielerischen Glanzlichter. In zentraler Position käme er noch mehr zum Zaubern. Den Part auf dem linken Flügel könnte die Last-Minute-Verpflichtung Kevin-Prince Redondo übernehmen.

Am Mittwoch, im Verbandspokalspiel gegen die TuS Marienborn (sofern es stattfindet), böte sich eine gute Gelegenheit für Tests in dieser Richtung.

Zum Abschluss noch, für die heimlich mitlesenden Fans der Gegenseite, die Positions- und Passgrafik des SV Waldhof. Wie schon im Derby vor Jahresfrist darf erneut festgestellt werden: gute Struktur und gleichmäßige Ballverteilung, auch die Abstände stimmen - ein sehr geordneter Auftritt.

xG-Passmap (Waldhof)

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Kohlmeyer

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