Nachlese zur Mitgliederversammlung des 1. FC Kaiserslautern

"Jetzt geht es richtig los"

"Jetzt geht es richtig los"


Zurück in die Zukunft: Nach monatelangen Streitigkeiten wurde bei den Roten Teufeln endlich wieder die Blickrichtung nach vorne eingeschlagen. Eine Nachlese zur gestrigen Mitgliederversammlung des 1. FC Kaiserslautern.

- Fotogalerie: Mitgliederversammlung 2019 des 1. FC Kaiserslautern

Markus Merk war nach der Aufsichtsratswahl ein vielgefragter Mann und musste zahlreiche Gesprächsanfragen bedienen. Das Abstimmungsergebnis zeigte, dass die Vereinsmitglieder große Hoffnung in das 57-jährige FCK-Urgestein setzen: Merk erhielt 1.545 und damit die mit Abstand meisten Stimmen aller Bewerber - rund 90 Prozent der Anwesenden votierten für den ehemaligen Weltschiedsrichter. "Das ist für mich, aber auch für unser Team insgesamt, ein riesiger Vertrauensvorschuss. Es ist eine tolle Geschichte, aber jetzt natürlich auch eine riesige Verantwortung auf unseren Schultern", sagte Merk, der mit Martin Weimer, Jörg Wilhelm, Rainer Keßler und dem schon vorher im Gremium sitzenden Fritz Fuchs das neue Kontrollorgan bildet. Hinzu kommt Martin Wagner, das fünfte Mitglied aus dem Team Merk, der noch am selben Abend nachnominiert wurde. "Wir haben von Anfang an gesagt: Unsere Satzung erlaubt das, also werden wir das auch machen", untermauerte Merk. Auch im noch wichtigeren Beirat der FCK Management GmbH sitzt ab sofort das komplette, fünfköpfige "Team Merk". Eine Erhöhung auf sechs Personen ist dort nicht möglich, dementsprechend ist Fritz Fuchs also kein Mitglied im Beirat, sondern nur im Aufsichtsrat.

Markus Merk: "Riesige Verantwortung auf unseren Schultern"

Merk lobte ausdrücklich den Antrag eines Mitglieds, die Aufsichtsratswahl in der Mitgliederversammlung zeitlich vorzuziehen: "Da kann man nur Danke sagen. Für die gesamte Veranstaltung war das unfassbar vorteilhaft." Priorität Nummer Eins für ihn und sein Team sei es gewesen, einen Nachfolger für den kaufmännischen Geschäftsführer Michael Klatt zu finden: "Wir sind glücklich, dass wir dafür jemanden gewinnen konnten. Vor allem vor dem Hintergrund der Kurzfristigkeit. Wir sind froh, dass der neue Mann sich bereit erklärt hat, diesen schwierigen und steinigen Weg mit uns zu gehen." Den Namen wollte Merk aber noch nicht verraten. Der neue Finanzchef soll am Dienstag unterschreiben und am Donnerstag bei einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Rainer Keßler: "Das war ein klares Votum für unser Team"

Schon kurz nach dem Ende war der neu zusammengestellte Aufsichtsrat auf dem Sprung. Es eilte, denn es war die erste konstituierende Sitzung des Gremiums anberaumt. "Ich muss dahin", sagte der kurz angebundene, aber glückliche Rainer Keßler, der sich dann aber doch noch kurz Zeit nahm. "Jetzt geht es richtig los", versprach Keßler, als ihn vorbeikommende Mitglieder zu seiner Wahl beglückwünschten. Auch wenn er bei der Wahl "nur" auf Platz 4 landete, so ist Keßler doch der Organisator und Baumeister der jetzt neuen FCK-Führung. Er fasste die Wahlergebnis so zusammen: "Das war ein klares Votum für unser Team." Keßler war froh, dass die Mitgliederversammlung bis auf kleinere Zwischenrufe insgesamt gesittet verlief: "Die Mitglieder haben dem Rechnung getragen, was dieser Verein braucht: Nämlich Ruhe in der Zukunft. Dafür sind wir natürlich sehr dankbar."

An dieser Stelle verweisen wir auch nochmals auf die vor der Mitgliederversammlung geführten DBB-Interviews mit den fünf neuen Aufsichtsrats- und Beiratsmitgliedern (inklusive Martin Wagner):

» Interview mit Markus Merk: "Der Puls des FCK schlägt weit über die Pfalz hinaus"
» Interview mit Martin Weimer: "Der FCK ist eine der emotionalsten Fußballmarken"
» Interview mit Jörg Wilhelm: "Was immer du tust, tue es klug und bedenke das Ende
» Interview mit Rainer Keßler: "Wo FCK drauf steht, muss künftig wieder FCK drin sein"
» Interview mit Martin Wagner: "Alleine ist man stark, aber gemeinsam unschlagbar"

Presseschau zur Mitgliederversammlung: Das schreiben die Medien

Auch die Presse hat die FCK-Mitgliederversammlung trotz sportlicher Drittliga-Zugehörigkeit mit großem Interesse begleitet und kommentiert. Die meisten Journalisten loben den Versammlungsverlauf der und blicken auf die Herausforderungen, denen sich das "Team Merk" nun stellen muss. Wir drehen eine kleine Presseschau:

Die "Rheinpfalz" erlebte eine "emotionale, aber selten ausufernde" Mitgliederversammlung und lobte explizit die Versammlungsleitung: "Michael Koll, der Vorsitzende des Ehrenrates, hat die überaus gut besuchte Versammlung - 1.751 der 17.500 Mitglieder waren in der Spitze anwesend - souverän geleitet. (...) Koll schritt ein, als (Fritz) Fuchs aus dem Plenum heraus schier zum Rücktritt gedrängt werden sollte."

» Rheinpfalz | Markus Merk ruft Neuanfang nach FCK-Katastropenjahr aus

Markus Merk als designiertes Gesicht des neuen Aufsichtsrats bezeichnen die "Rheinpfalz"-Redakteure Horst Konzok und Oliver Sperk in einem weiteren Kommentar als "großen Hoffnungsträger für den Neuanfang des Krisenklubs": "Die 1.545 Stimmen, die er erhielt, sind ein überragender Vertrauensvorschuss für den dreimaligen Weltschiedsrichter. (...) Die Selbstzerfleischung des Aufsichtsrates hat dem Verein massiv geschadet. Dass sich das Gremium durch die vielen Rücktritte der vergangenen Monate aufgelöst hat, ist die Chance für einen Neuanfang."

» Rheinpfalz | Markus Merk - Ikone und Neuanfang

Im Kaiserslauterer Lokalteil der "Rheinpfalz" lobt Hans-Joachim Redzimski die Änderung der Tagesordnung mit der vorgezogenen Nachwahl des Aufsichtsrats und zeigt sich überrascht über das schwache Ergebnis von Martin Wagner: "Die Änderung der Tagesordnung setzte somit auf die Zukunft. Sie spiegelte den Aufbruch in eine neue, hoffentlich bessere Zeit. (...) Überraschung löste aus, dass der frühere FCK-Profi und deutsche Meister von 1998, Martin Wagner, nicht in den Aufsichtsrat gewählt wurde. Er landete bei vier freien Plätzen mit 878 Stimmen auf dem fünften Platz. Möglich, dass er als weiteres Mitglied in den Aufsichtsrat nachberufen wird."

» Rheinpfalz | Merk auf der FCK-Mitgliederversammlung: Lasst uns neu beginnen

Auch der "Kicker" beobachtete eine weitgehend gesittete Versammlung. Die Herausforderungen für die neue Klubführung sehen die Reporter Moritz Kreilinger und Carsten Schröter-Lorenz nicht ausschließlich im sportlichen und wirtschaftlichen Bereich: "Denn wie viel Arbeit abseits der sportlichen und wirtschaftlichen Aufgaben vor der künftigen Vereinsführung liegt, zeigte sich im Laufe der letztlich über neun Stunden andauernden Versammlung. Lange ging es gesittet und konstruktiv zu. Es wäre der passende Rahmen für den anvisierten Neustart gewesen. Zu einer Schlammschlacht kam es zwar nicht, doch gegen Ende zogen die von gegenseitigen Vorwürfen geprägten Aussprachen ehemaliger Akteure die Versammlung in die Länge. (...) Somit wurde von Stunde zu Stunde immer klarer, was der FCK so dringend benötigt: Ruhe und Einigkeit."

» Kicker | FCK: "Team Merk" übernimmt den Aufsichtsrat

Der "SWR" blickte in seiner sonntäglichen Sportsendung "SWR Sport" unter anderem mit dem FCK-Experten des Senders, Bernd Schmitt, auf die Versammlung. Schmitt lobte die insgesamt sachlich abgelaufene Versammlung, hob aber auch einen warnenden Zeigefinger für die Zukunft: "Ich hatte den Eindruck, dass bei diesem Verein die Demokratie noch funktioniert. Und das die Leute sich nicht veräppeln lassen. (...) Ich habe mir die Versammlung schlimmer vorgestellt und fand das wohltuend gesittet. (...) Das sind wirklich die letzten Patronen (über die neuen Aufsichtsratsmitglieder um Markus Merk und Rainer Keßler; Anm. d. Red.). Wenn die es nicht schaffen, weiß ich nicht, wer den Verein künftig führen soll."

» SWR | SWR Sport mit Bernd Schmitt und Carsten Schröter-Lorenz

Wie viel Hoffnung die FCK-Mitglieder in die neuen Mitglieder des Aufsichtsrats setzen und wie sehr solche Hoffnungen von einigen Ex-Funktionären enttäuscht wurden, beschreibt die "Allgemeine Zeitung": "Während die scheidenden Gremiumsmitglieder Patrick Banf und Jochen Grotepaß bei ihrer Aussprache phasenweise ausgebuht wurden, wurden Merk und seine Mitstreiter mitunter wie Helden gefeiert. (...) Die Mitgliederversammlung zeigte deutlich, wie sehr das Vertrauen der Basis in die Arbeit der Funktionäre gelitten hat. (...) Martin Bader, Michael Klatt, Patrick Banf und Jochen Grotepaß wurden ebenso nicht entlastet, wie der amtierende Vereinsvorsitzende Wilfried de Buhr. Alles Zeichen der Zerstrittenheit, die mit dem 1. Dezember 2019 endgültig Geschichte sein soll."

» Allgemeine Zeitung | FCK zwischen Hoffnung und Klartext

Viel geredet wurde am Sonntag über den nicht persönlich anwesenden potentiellen Investor Flavio Becca. Im "Tageblatt" aus Luxemburg zeigt sich der Unternehmer wenig begeistert vom ihm übermittelten Verlauf der Mitgliederversammlung: "Die neue Gruppe muss erst einmal ihr Programm aufstellen. Wir werden uns das ansehen und unsere Entscheidung fällen. Einen Blanko-Scheck bekommen sie jedenfalls nicht - das mache ich nicht! (...) Wie es weitergeht, wird auch in den nächsten Wochen nicht feststehen. Ich muss zuerst das Programm in den Händen halten und sehen, wen sie als Geschäftsführer haben wollen. (...) Wenn man sie so hört, sind sie stark und brauchen niemanden."

» Tageblatt | Flavio Becca will abwarten: "Einen Blankoscheck bekommen sie nicht"

Kommentar: Werkzeugkasten statt Zauberkasten


von Thomas

Was war vor der Mitgliederversammlung nicht alles befürchtet worden: Eier und Tomaten könnten fliegen, oder schlimmstenfalls sogar Fäuste. Doch die Anhänger des 1. FC Kaiserslautern haben die Schwarzmaler eines Besseren belehrt. Neun lange Stunden (!) haben sie auf unbequemen Klappstühlen durchgehalten, teilweise auch stehend, nach weniger als der Hälfte der Zeit gab es nichtmal mehr etwas zu essen an den Imbissbuden. Es wurde zwar kontrovers und zeitweise auch recht hart diskutiert, aber gemessen an der prekären Lage blieb alles im Rahmen. So hielt es auch der neutrale Moderator der Aussprache, Professor Thomas Breyer-Mayländer, fest: "Dass die Emotionen manchmal hochkochen, ist normal, denn sonst wäre der Verein tot."

Der neuformierte Aufsichtsrat um Markus Merk und Rainer Keßler wird mit Vorschusslorbeeren geradezu überschüttet, so wie man das in der Schwarz-Weiß-Welt beim FCK schon allzu oft erlebt hat. Dabei muss tief im Inneren allen Betze-Freunden klar sein, dass am Sonntag kein Messias gewählt wurde: Die Neuen gehen nicht mit dem Zauberkasten an ihre Aufgabe, sondern mit einem (hoffentlich gut ausgestatteten) Werkzeugkasten. Die Vorschusslorbeeren können dem "Team Merk" zwar bei einem störungsfreien Start helfen, aber die neuen Verantwortlichen müssen trotzdem schnell liefern, wie auch Markus Merk selbst weiß: "Unser größter Gegner ist die Zeit." Die allerwichtigste Aufgabe wird es sein, fähige Nachfolger für die ausscheidenden Geschäftsführer Michael Klatt und Martin Bader zu finden.

Weitere Baustellen sind natürlich die finanzielle Situation inklusive Lizenz und Investorensuche, die sportliche Verbesserung und der allgemeine Vereinsfrieden. Auch wenn auf der Mitgliederversammlung fast alle Entscheidungen mit großer Mehrheit getroffen wurden, gibt es noch mehr als genug gefährliche Glutnester rund um den Betzenberg. Für eine erfolgreiche FCK-Zukunft müssen aber alle persönlichen Eitelkeiten zurückgeschraubt werden. Dafür muss vor allem die jetzt neugewählte Klubführung sorgen, indem sie Brücken baut und Gräben zuschüttet. Aber auch alle anderen Beteiligten drumherum sind gut beraten, wenn sie sich in den kommenden Monaten mehr auf die Gemeinsamkeiten konzentrieren als auf die Unterschiede - im Sinne unseres FCK.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Redaktion

Weitere Links zum Thema:

- Live-Ticker zum Nachlesen: So lief die JHV 2019 (Der Betze brennt)

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