Zum 95. Geburtstag von Werner Kohlmeyer

Werner Kohlmeyer: Das rettende "Universalgenie"

Werner Kohlmeyer: Das rettende "Universalgenie"

Foto: Imago

Heute hätte Werner Kohlmeyer seinen 95. Geburtstag gefeiert. Der stille Arbeiter hatte großen Anteil an den Triumphen der Waltermannschaft des 1. FC Kaiserslautern sowie am Wunder von Bern.

Als einer von fünf Weltmeistern aus Kaiserslautern ist Werner Kohlmeyer in die Geschichte eingegangen. An der Seite von Fritz Walter, Ottmar Walter, Werner Liebrich und Horst Eckel schaffte er 1954 die große Sensation, den WM-Sieg. Der Titel hat viele Helden hervorgebracht und einer von ihnen ist der stille "Kohli". Als Verteidiger in letzter Reihe fiel er nur selten auf. Mit der Rückennummer 3 verrichtete er seine Abwehrarbeit zuverlässig, wurde auch deshalb von Trainer Sepp Herberger und seinen Mitspielern respektiert und zu einem wichtigen Puzzleteil beim Turnier in der Schweiz.

Im Finale rettet Kohlmeyer zweimal auf der Linie

Kohlmeyer trumpfte vor allem in der K.O.-Runde auf, doch zu seiner am Ende auch tragischen Geschichte gehört, dass seine Verdienste schnell verblassten - so wie seine Leistung im Viertelfinale gegen Jugoslawien. Die DFB-Auswahl galt als klarer Außenseiter, es entwickelte sich eine regelrechte Abwehrschlacht im Genfer Stadion. Die spielstarken Jugoslawen schnürten die Deutschen mehrmals ein. Die antworteten zwar mit zwei Treffern, waren aber die meiste Zeit vor dem eigenen Tor gefordert. Es war eines von Kohlmeyers wichtigsten Spielen. Später sollte zwar viel über die Paraden von Torwart Toni Turek gesprochen werden, doch auch "Kohli" schmiss sich die gegnerischen Angriffe mit allem, was er hatte. Er rettete auf der Linie, stand den gegnerischen Offensiven auf den Füßen und bejubelte am Ende mit seiner Mannschaft den kaum für möglich gehaltenen Halbfinaleinzug.

Die Geschichte sollte sich nur wenige Tage später wiederholen - im Finale! Das Endspiel gegen den haushohen Favoriten aus Ungarn ist längst zur Legende geworden. Der schnelle 0:2-Rückstand, der schnelle Ausgleich Deutschlands. Rahns Schuss aus dem Hintergrund. Und wieder ist es Turek, der Torhüter aus Düsseldorf, der danach im Fokus steht. "Toni, du bist ein Teufelskerl", brüllt Radioreporter Herbert Zimmermann aus dem Wankdorfstadion in tausende deutsche Wohnzimmer. Und wieder ist Kohlmeyer ein stiller Held. Gleich zweimal muss auf der Linie für seinen schon geschlagenen Keeper retten und verhindern, dass die Partie wieder zugunsten der Ungarn kippt. Fritz Walter erinnert sich nach dem Spiel an "Kohlis" Heldentaten und bezeichnet ihn als "unser Universalgenie". Der Fußballhistoriker Hardy Grüne attestiert ihm Jahrzehnte später "einen grandiosen Auftritt". Man kann, nein muss festhalten: Ohne Werner Kohlmeyer wäre Deutschland wohl nicht Weltmeister geworden!

Herberger beauftragt ihn, den Endspielball zu sichern

Auch Herberger weiß unmittelbar nach dem gewonnenen Finale, was er an seinem zuverlässigen Arbeiter hat und beauftragt ihn nach dem Schlusspfiff mit einer Sonderaufgabe: Kohlmeyer soll den Endspielball sichern. Und natürlich führt der Abwehrmann seine Aufgabe wie immer aus: zuverlässig und ohne großes Aufsehen. Schiedsrichter William Ling aus England rückt den Ball im Trubel nach dem Schlusspfiff zwar nur schweren Herzens heraus, doch Kohlmeyer kann Herberger am Ende das berühmte Leder übergeben.

Der Coach setzt auch in den Folgejahren auf seinen Verteidiger und der folgt dem Ruf gerne. Als Deutschland am 1. Dezember 1954 zu einem Freundschaftsspiel nach England reist, stehen nur drei Spieler aus der Weltmeister-Elf im Aufgebot. Verletzungen und Krankheiten setzen unter anderem die Walter-Brüder außer Gefecht. Kohlmeyer steht im Wembley-Stadion in der Startelf, kann die 1:3-Niederlage aber auch nicht verhindern. Mehr noch: Englands legendärer Stürmer Stan Matthews düpiert "Kohli" mehrmals im Zweikampf, doch der greift nicht zum Foulspiel und verdient sich damit den Respekt der englischen Presse. "Den Schiedsrichter hätte man sich heute auch sparen können", heißt es mit Anerkennung.

Kohlmeyer geht "ein halbes Dutzend Mal"

Mit dem 1. FC Kaiserslautern, in dessen erster Mannschaft er von 1941 bis 1957 aktiv war, feiert Werner Kohlmeyer die Deutsche Meisterschaft 1951 und 1953, steht insgesamt fünf Mal im Endspiel und begründet die bis heute die Massen bewegende Legende der Roten Teufel. 1963 lässt er seine Karriere im Trikot des SV Morlautern ausklingen. Sein Leben ist da schon aus den Fugen geraten, der Weltmeister hat kein Glück, verliert viel Geld und seine Familie. Vielleicht auch deshalb findet er, der mannschaftsdienliche Spieler, ein bisschen Ersatz im Kreise der 1954er Weltmeister. Als Herberger einen runden Geburtstag feiert, versammelt er die komplette WM-Mannschaft um sich. Beinahe anrührend berichtet ein "Kicker"-Reporter später, wie sich Kohlmeyer nach der emotionalen Feier bestimmt "ein halbes Dutzend Mal" von allen verabschiedet, sich aber doch nicht von seinen ehemaligen Gefährten trennen kann "und immer wieder" kommt.

Wenige Jahre später stirbt er im Alter von gerade mal 49 Jahren an Herzversagen - vor ein paar Wochen jährte sich dieser Todestag zum 45. Mal. "Die Weltmeistermannschaft von 1954 besteht nicht mehr", hält der "Kicker" zunächst sachlich fest, um Kohlmeyer dann doch noch angemessen zu ehren. Aber die Erinnerung verblasst. Im Fritz-Walter-Stadion wird ihm wie allen fünf Weltmeistern ein Eingangstor gewidmet und natürlich nennt man ihn im Zuge der fünf Lautrer WM-Sieger. Doch mehr und mehr wird er zum stillen Helden - obwohl es ohne ihn den großen Triumph vielleicht gar nicht gegeben hätte.

Quelle: Der Betze brennt | Autor: paulgeht

Weitere Links zum Thema:

- Hall of Fame | Werner Kohlmeyer - Ein gefallener Held (Der Betze brennt, 26.03.2010)

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