Zum 60. Geburtstag von Gerald Ehrmann

Wir sind Gerry!

Wir sind Gerry!


Die Geburtstagskolumne für Gerry Ehrmann zu schreiben, ist für Marky eine "ganz besondere Ehre". Was die beiden verbindet und welches Geschenk wir alle unserem Lieblings-Roten-Teufel machen können.

Die total, total verrückte Welt des 1. FC Kaiserslautern ist wieder um eine Episode reicher. Wer hätte geglaubt, dass Der Betze brennt von Gerry Ehrmann kurz vor seinem Ehrentag solch ein Foto schießen kann. Das ihn so strahlend zeigt. So gelöst. So mit sich und seiner Arbeit im Reinen. Ja, es ist mehr als Arbeit: Es ist Liebe.

Mit so einem Ausdruck laufen andere am Bahnhof oder am Flughafen auf ihren Partner zu, wenn sie ihn länger nicht gesehen haben. Voller Vorfreude, mit Herzklopfen. Gerry ist in diesen Sekunden, die das Foto einfängt, auf dem Weg in die Kurve, in seine Kurve.

Diese hat ihn am Samstag sicher wieder stolz gemacht. Weil sie so treu ist, weil sie sich nicht unterkriegen lässt, weil sie wild und entschlossen ist. So wie Gerry.

Aber es gibt noch jemand, den er am Samstag fest gedrückt hat: Lennart Grill, Jahrgang 1999, 1,91 groß, geboren in Idar-Oberstein, seit 2017 im Verein. Grill ist nach der Winterpause die Nummer 1. Und ein Hauptgarant, dass von vier Spielen in dreien die Null hinten stand. An den zwei Gegentoren in Münster war er schuldlos, ja, er verhinderte dort mit mindestens zwei bemerkenswerten Paraden Schlimmeres.

Für Gerry Ehrmann ist Lennart Grill der Beweis, dass er es immer noch kann. Talente früh entdecken, sie zu fertigen Torleuten ausbilden und ihnen nicht nur etwas für den Fußballplatz mitgeben, sondern auch fürs Leben. Doch Gerry hat mit seiner Persönlichkeit und seinen Taten nicht nur seine Flugschüler bereichert. Sondern den ganzen Verein. Vom Finanzchef bis zum Fan.

Einer, der die eigene Spielhälfte verteidigte, als ginge es um sein Leben

Meine eigene FCK-Geschichte ist ohne Gerry Ehrmann nicht denkbar. Ein Spiel steht symbolisch dafür: Ein Abend im April 1987. Südweststadion, Ludwigshafen. Waldhof gegen Kaiserslautern. Ehrmann war damals mehr außerhalb als im 16-Meter-Raum anzutreffen. Er kassierte seine fünfte gelbe Karte der Saison, hielt zwei Elfmeter. Insgesamt gab es vier Strafstöße gegen den FCK. Als der Schiri in der Nachspielzeit Lautern das 4:4 wegen Abseits aberkannte, sah ein Mann rot. Nur weil seine Mitspieler und die Ersatzleute (!) eingriffen, konnte Schlimmeres verhindert werden.

Ich kannte vorher Torhüter wie Uli Stein, die den Strafraum zum Box-Ring umfunktioniert hatten, aber ich hatte noch nie einen Torhüter erlebt, der die eigene Spielhälfte zu seinem Revier erklärte und diese große Grünfläche verteidigte, als ginge es um sein Leben. Nein, das war nicht nur ein Tor-Hüter, sondern ein Torjäger-Jäger. Einer, der einen Entschluss fasste, der nicht abwartete, der über seine Schmerzgrenze ging. Einen, den nichts auf seinem (langen) Weg (zum gegnerischen Stürmer) abbringen konnte. Ein Ball konnte an ihm vorbeikommen, ja, aber nie Ball plus Spieler.

Und es gibt noch eine andere Begebenheit, die mein (Fan-)Leben maßgeblich geprägt hat. Das letzte Heimspiel gegen Gladbach in dieser sagenhaften Rückrunde '91. Damals glitt Gerry der Meisterball förmlich aus den Händen. Wie tragisch.

Gerade ihm, dem mancher schon mal Superhelden-Kräfte andichtet. Dem Tarzan, dem Chuck Norris aus der Pfalz.

Doch Gerald Ehrmann, geboren in Tauberbischofsheim, zwischen Würzburg und Heilbronn, stand wieder auf, so wie er es Jahre später auch nach Barcelona tat, nach José Maria Bakero. Ein Mensch, fehlbar und mit großem Herzen.

Gerry gehört für Alt und Jung dazu wie das Betze-Lied und die Westkurve

Ich habe diese Gedanken schon einmal auf DBB-Papier gebracht: 2012. Die Kolumne hieß damals: Gerry, wir brauchen dich! Damals schrieb ich über ihn auch diese Sätze "Wir reden hier oft über Tradition, aber mal ehrlich, viel davon ist uns nicht mehr geblieben. Dich können wir nicht auch noch verlieren. Noch nicht. Denn keiner verkörpert den FCK wie du."

Das würde ich heute auch immer noch unterzeichnen. Aber ich habe für mich einen Weg gefunden, mit dem ich diesen Verlust ertragen kann und die Lücke, die eigentlich einem Krater nach einem Meteoriteneinschlag gleichkommen wird, füllen kann.

Dass Gerry nicht mehr als einer der Ersten auf den Platz läuft, dass er nicht mehr - so lässig, wie nur er es kann - in die Kurve winkt. Dass da keiner mehr ist, der mit Vollspannschüssen aus fünf Metern seine Torleute auf Betriebstemperatur bringt, der es im Alleingang mit der gesamten gegnerischen Trainerbank aufnimmt. Das alles ist gewiss kaum vorstellbar.

Gerry gehört für Alt und Jung zum Betze wie das Stadionlied und die Westkurve. Seit 1984 ist er ein Roter Teufel - das muss man sich mal vorstellen. 1984 führte Apple den Macintosh ein, Richard von Weizsäcker wurde Bundespräsident, Ronald Reagan regierte die USA, das Privatfernsehen startete in Deutschland und Gerry Ehrmann wechselte vom 1. FC Köln nach Kaiserslautern.

Die Brust raus, den Kopf nach oben, der Blick fest entschlossen

2010 sagte er einmal in einem Interview, dass er noch zehn Jahre weiterarbeiten möchte. Heute zitiert "Bild" ihn so: „Mir tut körperlich nichts weh. Ich fühle mich nicht wie 60 und denke nicht ans Aufhören, solange ich das Gefühl habe, dass ich bei den Jungs glaubwürdig bin. Ich gehe noch ein- bis zweimal pro Woche in den Kraftraum. Ich will ja dem Verfallsdatum entgegenwirken."

Wenn der Tag X kommt, dann kann ich, ja, dann können wir alle eines tun: Die Werte, für die Gerry Ehrmann steht, weiter hochhalten und leben. Eigentlich können wir beim nächsten Heimspiel schon damit anfangen: Eine aufrechte Haltung im Block, auf dem Spielfeld oder sonst wo einnehmen, die Brust raus, den Kopf nach oben, die Muskeln angespannt, der Blick fest entschlossen.

Das schönste Geschenk also, das jeder Gerry Ehrmann zu seinem 60. Ehrentag machen kann, ist nicht nur, dass Zusammenhalt in seinem geliebten Verein einkehrt, dass alle an einem Strang ziehen, damit der FCK wieder erfolgreich wird. Nein, es gibt noch etwas: Dass es den Leuten alles anderes als egal ist, was mit und um den FCK passiert. Dass man sich wehrt. Dass man mutig ist - und dass man mindestens noch ein mal "Nie mehr SV Waldhof" anstimmt…

Wir sind Gerry - alles Gute!

Quelle: Der Betze brennt | Autor: Marky

Weitere Links zum Thema:

- Hall of Fame: Gerry Ehrmann | "Roter Teufel" mit Leib und Seele (Der Betze brennt)

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